Das kuriose Schicksal des Doha Amendments

Klimaabkommen wird nur einen Tag gelten und trotzdem übererfüllt

Mit einem Tag Verspätung und nach einer durchverhandelten Nacht wurde im Jahr 2012 das Doha Amendment verabschiedet. Doch anschließend ließen sich die Länder Zeit – so viel Zeit, dass sie fast versäumten es zu ratifizieren, bevor es ausläuft.

Am 31. Dezember wird ein internationales Klimaabkommen in Kraft treten und dann für genau einen Tag gelten. Die Rede ist vom Doha Amendment, das bei der UN-Klimakonferenz im Jahr 2012 in der Hauptstadt von Katar verabschiedet wurde. Dieses ergänzt das Kyoto Protokoll, indem es eine zweite „Verpflichtungsperiode“ etabliert, die von 2013 bis 2020 gilt. Mit dem Amendment verpflichten sich 37 Staaten ihre Emissionen in diesen acht Jahren um 18 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zu senken. Diese Länder, darunter alle EU-Staaten und die Schweiz, haben dieses Ziel allerdings übererfüllt und ihre Emissionen um mehr als ein Viertel gesenkt. [1] Dass das Amendment noch in Kraft tritt ist Nigeria zu verdanken. Das Land hat das Abkommen am 2. Oktober als 144. Staat ratifiziert und dieses tritt somit 90 Tage später in Kraft. Patricia Espinosa, die Chefin des UN-Klimasekretariats freute sich, dass dies in den letzten Stunden noch gelang. Das In-Kraft-Treten sei „ein starkes Signal für ein vereintes, multilaterales Engagement“ gegen die Klimakrise. [1]

Grosszügig. Für die Klimakonferenz hat Katar extra ein gigantisches Konferenzzentrum gebaut. (Foto: CIG Architecture)

Das Kyoto Protokoll und das Doha Amendment haben eine fundamental verschiedene Architektur als das Pariser Klimaabkommen. Beim Kyoto-Ansatz sind nur Industriestaaten zur Reduktion ihrer Emissionen verpflichtet. Außerdem wird „Top Down“ festgelegt, wie hoch die Emissionen dieser Länder noch sein dürfen. Beim Paris-Ansatz hingegen, sind alle Länder dazu verpflichtet ihre Emissionen zu begrenzen und langfristig auf netto-null zu reduzieren. Wieviel ein Land in den nächsten fünf Jahren machen will, entscheidet es allerdings selbst. Paris folgt damit einem „Bottom Up“ oder Klingelbeutelmodell, wo jeder gibt, was er will und am Schluss wird geschaut, ob das reicht.

Der Top-Down-Ansatz mag auf den ersten Blick zielführender wirken. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass er nicht funktioniert. Die USA haben das Kyoto Protokoll nie ratifiziert und Kanada ist ausgetreten. Außerdem sind Japan, Neuseeland und Russland nicht durch das Doha Amendment gebunden. Damit deckt dieses nur noch 13 Prozent der globalen Emissionen ab. Das ist weniger als die US-Emissionen und noch nicht mal die Hälfte von Chinas Emissionen. Für viele Entwicklungsländer hat das Doha Amendment allerdings große symbolische Bedeutung, weil es die Zweiteilung der Welt in Industrie- und Entwicklungsländer festschreibt und letztere von zwingenden Maßnahmen zum Klimaschutz ausnimmt. Daher war es überraschend, dass viele Entwicklungsländer das Amendment nicht oder erst spät ratifiziert haben. Selbst Katar hat sich nicht die Mühe gemacht dem Abkommen, das den Namen seiner Hauptstadt trägt, formell beizutreten.

Das In-Kraft-Treten des Amendments, wenn auch nur für einen Tag, hat allerdings auch ein paar praktische Konsequenzen. Der globale Handel mit Verschmutzungsrechten zwischen Ländern beruht darauf. Diese „AAU-Zertifikate“ können nun buchhalterisch korrekt abgebucht werden. In Zukunft wird allerdings kein Land mehr diese Zertifikate nutzen – mit einer Ausnahme. Australien will seine überschüssigen AAUs einlösen, um damit seine Selbst-Verpflichtung im Rahmen des Paris Abkommens zu erfüllen. Dadurch müsste das Land seine Emissionen weniger stark senken, als zunächst geplant. Ob das legal wäre, ist allerdings umstritten. Eine Gruppe von australischen Rechtsprofessoren schreibt in einem Brief an die Regierung, dafür gebe es „keine Rechtsgrundlage“. [2] mic

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[1] UNFCCC, 02.10.2020: Ratification of Multilateral Climate Agreement Gives Boost to Delivering Agreed Climate Pledges and to Tackling Climate Change

[2] Climate Home, 04.03.2020: Australia’s carbon accounting plan for Paris goals criticised as ‘legally baseless’