Japan will 100 Kohlemeiler schließen

Gleichzeitig sind 16 neue Kraftwerksblöcke im Bau

Dass Japan 100 Kohlemeiler schließen will, kommt überraschend und klingt eindrucksvoll. Tatsächlich passt das Land aber nur seine Kohlekapazität an den bestehenden Energieplan an. Dieser sieht zudem deutlich mehr Atomstrom und ein wenig mehr Grünstrom vor.

Die japanische Regierung hat angekündigt 100 der 140 Kohleblöcke im Land bis zum Jahr 2030 stillzulegen. Japans Umweltminister Shinjiro Koizumi sagte dazu: Dies sei „ein großer Schritt, der der internationalen Gemeinschaft Japans Entschlossenheit zeigt, eine emissionsfreie Gesellschaft zu werden.“ [1] Durch die Stilllegungen schrumpft die Kapazität von Japans Kohlemeilern von 47 auf 18 Gigawatt. [2] Gleichzeitig sind aber 16 neue Kraftwerke mit eine Kapazität von zehn Gigawatt im Bau. In den nächsten zehn Jahren schrumpft die Kapazität also nur um zwei Fünftel. Damit passt Japan seinen Kraftwerkspark an den nationalen Energieplan für das Jahr 2030 an. Dieser sieht vor, dass der Anteil von Kohlestrom von knapp einem Drittel auf 26 Prozent fällt. Japans Wirtschaftsminister bestätigte denn auch, dass die Ankündigung keine Abkehr von der bestehenden Politik bedeutet: „Japan hat im Jahr 2018 beschlossen, ineffiziente Kohlekraftwerke zu schließen, aber wir hatten noch keinen konkreten Rahmenplan. Daher machen wir jetzt einen.“ [3]

Widersprüche. Das einzige Land, in dem das Staatsoberhaupt persönlich mi der Sonne verwandt ist, kommt beim Ausbau der Erneuerbaren nicht voran. (Foto. Ee Shawn / Flickr)

Die Reaktion von Umweltorganisationen war gemischt. Kimiko Hirata, die Chefin des Kiko Umweltnetzwerks sagte: „Obwohl das ein signifikanter Schritt ist, ist er völlig unzureichend.“ [3] Auch Hanna Hakko von Greenpeace Japan sagte: „Wir begrüßen die Absicht der Regierung. Aber viele Anlagen werden weiterlaufen und neue werden gebaut. Diese Pläne müssen so schnell wie möglich gestoppt werden.“ [4] Außerdem äußerte Hakko noch eine weiter Kritik: „Wir sind tief besorgt, dass Kohlestrom durch Atomenergie ersetzt wird. Wir fordern die Regierung auf, erneuerbaren Energien und Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz Priorität einzuräumen.“ Gemäß Japans Energieplan soll der Anteil von Atomstrom von heute 6 auf 20 Prozent steigen, indem Kraftwerke wieder ans Netz gehen, die nach der Reaktorkatastrophe im Jahr 2011 in Fukushima vom Netz gegangen sind. Der Ausbau der Erneuerbaren bleibt hingegen überschaubar: Ihr Anteil soll in den nächsten zehn Jahren von 17 auf 22 bis 24 Prozent steigen. Wenn diese Pläne umgesetzt werden, sinkt schließlich der Anteil von Gas bei der Stromerzeugung von 45 auf 28 Prozent.

Auch eine weitere Praxis Japans wird höchstens reformiert und nicht eingestellt: die Finanzierung von neuen Kohlemeilern im Ausland. Kajiyama sagte zwar, die Regierung sei „in den abschließenden Diskussionen“ über eine Verschärfung der Regeln zur Exportförderung von Kohletechnik. [5] Gleichzeitig sagte er aber auch: „Manche Entwicklungsländer haben keine andere Wahl, als Kohle für ihren Energiebedarf zu nutzen.“ [1] Während die Regierung ihre Kohlepolitik höchstens in Trippelschritten an die Erfordernisse der Klimakrise anpasst, sind viele japanische Unternehmen schon deutlich weiter. So stammt knapp ein Fünftel der knapp Tausend Firmen mit wissenschaftsbasierten Klimazielen aus Japan. [6] In dieser Initiative verpflichten sich Unternehmen, ihre Emissionen so schnell zu senken, dass die Klimaerwärmung auf „deutlich unter zwei Grad“ begrenzt werden kann, wie es das Paris Abkommen fordert. Knapp 40 japanische Firmen haben zudem angekündigt, nur noch Grünstrom zu kaufen. [7] Die Initiative RE100 twitterte in diesem Zusammenhang: „Japan ist einer der Märkte wo der Bezug von Grünstrom am schwierigsten ist, aber RE100 Firmen pushen die Nachfrage immer höher.“ [8] Ob das Folgen hat zeigt sich nächstes Jahr. Dann wird der nationale Energieplan überarbeitet. [9] mic

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[1] Bangkok Post, 03.07.2020: Japan plots shift from coal to renewable energy

[2] Simon Evans, 02.07.2020: Twitter Thread (In diesem Thread ist eine Tabelle mit den 114 ältesten und ineffizientesten Kraftwerke verlinkt. Diese haben eine Kapazität von 29 Gigawatt.)

[3] Hellenic Shipping News, 06.07.2020: Japan to accelerate closure of old coal power plants

[4] Greenpeace Japan, 02.07.2020: Greenpeace Japan welcomes the Japanese government’s intention to close inefficient coal-fired power plants by 2030

[5] SBS News, 05.07.2020: Japan considers mothballing up to 100 coal-fired power stations

[6] ScienceBasedTargets, Stand 06.07.2020: Companies

[7] RE100, Stand 06.07.2020: Companies

[8] RE100, 03.07.2020: Tweet

[9] The Mainichi, 04.107.2020: Editorial: Japan’s halt of 100 coal-fired generators no victory for decarbonization