Wie tief fällt der Ölpreis?

Preiskrieg zwischen Saudi Arabien und Russland könnte für die USA teuer werden

Erst reduziert eine Epidemie die Nachfrage nach Öl und jetzt steigt wegen eines Preiskriegs das Angebot. Diese Kombination ist selten und könnte für historisch tiefe Ölpreise sorgen.

Angefangen hat es mit einem Nachfrageschock. Wegen der Corona Epidemie ist die Ölverbrauch stärker gefallen als jemals zuvor: um 3,8 Millionen Barrel (159 Liter) pro Tag wie die Marktforscher von IHS Markit ausgerechnet haben. [1] Folglich verbilligte sich Öl. Um einen weiteren Preisverfall zu verhindern, wollte das Ölkartell Opec mit Russland eine Förderkürzung um 1,5 Barrel pro Tag vereinbaren. Doch Russland weigerte sich am Freitag mitzuziehen. Die Investmentbank Goldman Sachs vermutet, dass Russland die US-Frackingfirmen aus dem Markt drängen will und der absehbare Preissturz als „Antwort auf die Sanktionen der US-Regierung gegen die Nord Stream 2 Pipeline“ zu verstehen sind. [2] Am Samstag erklärte Saudi Arabien dann einen Preiskrieg. Das Land senkte die Preise für Öl deutlich. Am Montag folgte dann der stärkste Preisrutsch für Öl seit 1991: Seit Jahresbeginn hat sich der Preis für das Nordseeöl Brent von 66 Dollar auf noch 33 Dollar halbiert.

Blutbad. Noch ist nicht abzusehen, welche Konsequenzen der Preiskrieg beim Öl parallel zu einer Epidemie haben wird. (Foto: There Will Be Blood Teaser)

Anfang April folgt dann ein Angebotsschock, denn dann läuft ein Abkommen zwischen Russland und Opec aus, das die Produktion derzeit noch begrenzt. Der russische Ölminister Alexander Novak sagte: „Ab dem 1. April sind weder wir noch die Opec oder ein anderes Land verpflichtet, Förderkürzungen zu machen.“ [3] Saudi Arabien hat am Wochenende bereits angekündigt, die Förderung zu erhöhen. Diese Kombination von Nachfrage und Angebotsschock gab es zuletzt in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. [4] Damals reduzierte die Weltwirtschaftskrise die Nachfrage und mit dem Ölfeld „East Texas“ kam plötzlich viel Öl zusätzlich auf den Markt. Das Resultat: Im Juli 1931 fiel der Ölpreis auf noch 13 US-Cents pro Fass respektive auf 0,08 Cents pro Liter. In jüngerer Vergangenheit ging es nicht ganz so weit runter. 1998 kostete Öl zeitweise 9,55 US-Dollar und 2016 war das Barrel für 27,10 zu haben. Solche Preise sind nun erneut möglich, meint Roger Diwan von IHS Markit: „Wir werden wahrscheinlich die niedrigsten Ölpreise in den letzten 20 Jahren sehen.“ [5]

Das wird für Ölförderländer und westliche Ölkonzerne teuer. Am härtesten wird es den Iran treffen. Das Land braucht einen Ölpreis von 125 Dollar, damit der Staatshaushalt ausgeglichen ist wie der Internationale Währungsfond ausgerechnet hat. [6] In Saudi Arabien liegt dieser Wert bei 85 Dollar und in Russland bei 42 Dollar. [7] Welche Auswirkungen der Preiskrieg auf die US-Frackingfirmen haben wird, ist schwieriger zu sagen. Schon 2016 hatte die Opec versucht, diese aus dem Markt zu drängen und ist damit gescheitert. Die Fracker wurden damit nur noch wettbewerbsfähiger. Mittlerweile hat sich aber die Einstellung der Finanzmärkte zu den Frackern gewandelt. Firmen, die in den kommenden Monaten Kredite oder Anleihen zurückbezahlen müssen, werden daher Schwierigkeiten haben diese zu refinanzieren. Die Öl- und Gasindustrie hat von allen Branchen mit elf Prozent den höchsten Anteil am Markt für Anleihen geringer Bonität („Junk Bonds“). Davon hatte bereits am Freitag über die Hälfte eine Rendite, die mehr als zehn Prozentpunkte über der Rendite von US-Staatsanleihen lag. Ab diesem Wert gilt eine Anleihe als stark ausfallgefährdet. [8]

Ein Konkurs bedeutet allerdings nicht, dass eine Ölfirma ihre Produktion einstellen muss. Kurzfristig erhält sie einfach Gläubigerschutz. Damit die Ölförderung in den USA deutlich zurückgeht, muss der Ölpreis daher relativ lange sehr niedrig bleiben. Dann wird weniger in neue Bohrlöcher investiert und das Angebot sinkt. Damit der Ölpreis wieder steigt, muss aber noch eine weitere Bedingung erfüllt sein: Die Nachfrage muss sich erholen. mic

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[1] MarketWatch, 06.03.2020: OPEC+ oil-deal failure may lead to $30 oil

[2] zerohedge, 08.03.2020: Assume Crash Positions: Goldman Cuts Brent Price Target To $30 “With Possible Dips Near $20”

[3] Reuters, 07.03.2020: Russia quits OPEC+ deal but will monitor situation, says Novak

[4] Reuters, 30.01.2015: U.S. crude oil stocks return to 1930s crisis levels: Kemp

[5] Bangkok Post, 07.03.2020: Saudi-Russian breakup could collapse oil prices

[6] IMF, undatiert: Statistical Appendix (PDF)

[7] WorldOil, 08.03.2020: Putin dumps OPEC to start a war with America’s shale oil industry

[8] FT, 08.03.2020: Oil price war spells danger for US junk bonds