„Die EU und China sind die beiden Hauptakteure“

Die EU hat die Rolle hat die Rolle der USA als Counterpart von China übernommen, sagt Wendel Trio

Wendel Trio, 55, ist der Direktor des Climate Action Networks Europa, einem Zusammenschluss von über 150 europäischen Umweltorganisationen.

Reicht der Stand der Vorbereitungen für einen Erfolg der Klimaverhandlungen in Katowice?

In 14 Tagen müssten die Verhandler in der Lage sein, durch die mehr als 300 Seiten an Verhhandlungstext zu kommen. Die Delegationen beklagen sich immer über Zeitmangel, aber die Frage ist: Wann fangen sie wirklich an Kompromisse zu schliessen? Wenn man das aus Verhandlungstatktik auf den letzten Moment verschiebt, dann ist es irgenwan zu spät.

Wer entscheidet über Erfolg oder Misserfolg?

Die EU und China sind die beiden Hauptakteure. Je eher sie ihre Positionen in Einklang bringen können, desto mehr Erfolg werden wir haben. Die EU hat versucht eine starke Kooperation mit China aufzubauen, aber China ist ein wenig zurückhaltend. Für China ist es ein bisschen schwierig, dass die EU kein einheitlicher Block ist und es davon abhängt mit wem sie reden, mit Frankreich, Deutschland oder der EU Kommission und dann unterschiedliche Perspektiven hören.

Könnte Katowice scheitern, wenn sich die beiden nicht einigen?

Die Gefahr besteht. Die Diskussionen über das Regelbuch sind sehr technisch, aber dahinter verbirgt sich eine politische Debatte über die Differenzierung zwischen Ländern und das wird sich in allen Arbeitsgruppen zeigen. Wenn es zu politisch wird, etwa indem China eine sehr harte Haltung bei den Buchhaltungsregeln einnimmt, dann könnte es schwer werden. Bei einem heftigen Streit zwischen der EU und China, sehe ich nicht wer das lösen könnte. Ich rechne aber nicht damit, dass es so weit kommt.

Die EU-Kommission hat soeben ihre Klimavision für das Jahr 2050 vorgestellt und signalisiert, dass sie Netto-Null-Emissionen anstrebt. Welche Bedeutung hat das für Katowice?

Die Vision macht für die EU einen echten Unterschied. Bis zu dieserWoche haben die EU-Länder versucht, ihr Klimaziel für das Jahr 2030 zu implementieren. Die Vision eröffnet nun eine neue Debatte: Kann die EU mehr machen und wie kann sie das? Für die Verhandlungen ist die Vision aber eher von atmosphärischer Bedeutung. Es ist ein Gegengewicht dazu, dass in vielen Ländern die Debatte keine Fortschritte macht.

Deutschland hat angekündigt, seinen Beitrag zum Green Cliate Fund auf 1,5 Milliarden Euro zu verdoppeln. Spielt das eine Rolle?

Dass sich Deutschland bewegt hat, ist ein gutes Zeichen. Andere Länder werden nun schauen, wie sie sich Deutschland anschliessen können. Für die Verhandlungen ist es sehr wichtig, dass das Thema Klimafinanzierung eingehegt werden kann. Die armen Länder müssen die Gewissheit haben, dass Geld zur Verfügung steht.

Polen ist kein Vorreiter beim Klimaschutz, aber präsidiert die Verhandlungen. Ist das ein Problem?

Es ist Teil der polnischen Strategie, beim Klima als positiver Spieler auf internationalen Niveau wahrgenommen zu werden und gleichzeitig eine eher negative Rolle innerhalb der EU zu spielen. Polen sagt: Der Klimaschutz liegt uns sehr am Herzen, aber das muss auf internationaler und nicht auf europäischer Ebene gelöst werden. Daher will Polen beim Regelbuch ein gutes Resultat, natürlich auch aus Imagegründen.

Bis Sonntag läuft der G20 Gipfel in Argentinien. Dort könnte es zu Streit beim Klimathema kommen. Wäre das eine Gefahr für Katowice?

Wenn es zur einer Situation kommt, dass 19 Länder den USA gegenüber stehen, dann könnte das für Katowice sogar positiv sein. Was wir in Europa sehen ist: Je mehr US-Präsident Donald Trump redet, desto mehr wollen sich die anderen von ihm distanzieren etwa durch ein Bekenntnis zum Paris Abkommen. Das gilt allerdings unter der Voraussetzung, dass weder Russland noch Saudi Arabien oder Brasilien sich Trump anschliessen.

Wird die Konferenz am Freitagabend um sechs zu Ende sein?

Nein, ich glaube eher, dass es Samstag wird.

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