Goldrausch in der Tiefsee

Das neue Abkommen soll auch die Nutzung von Bodenschätzen und Genen regeln

Rund um Tiefsee-Thermalquellen tummeln sich einzigartige Lebewesen mit potentiell wertvollen Genen. Das sind aber auch die Gebiete mit den meisten Bodenschätzen. Die Welt muss sich daher entscheiden: Gene oder Gold?

Die Bismarcksee vor Papua-Neuguinea könnte in die Bergbaugeschichte eingehen: Die kanadische Firma Nautilus Minerals will dort die erste kommerzielle Unterwassermine eröffnen. Am Boden der See, in 1600 Meter Tiefe, tritt heisses, mineralhaltiges Wasser aus. Probebohrungen haben ergeben, dass der Meeresboden dort zu sieben Prozent aus Kupfer besteht. In Kupferminen an Land beträgt der Kupferanteil hingegen im Schnitt nur 0,6 Prozent. [1] Doch der Abbau des Vorkommens ist umstritten: Die Mineralquellen am Meeresboden sind die Grundlage von Ökosystemen mit einzigartigen Lebewesen. 60 Prozent der Arten rund um Tiefsee-Thermalquellen kommen nur in einem einzigen Gebiet vor. Die Tiefseebiologin Cindy Van Dover von der US-Universität Duke sagt daher: „Wir sollten aktive Tiefsee-Thermalquellen schützen.“ [2]

Casper. Die im Jahr 2016 entdeckte Geisterkrake lebt in der Gegend der Clarion und Clippperton Bruchlinien. (Video: NOAA)

In der Bismarcksee liegt diese Entscheidung bei Papua-Neuguinea, doch Thermalquellen gibt es auch in internationalen Gewässern. Wer diese ausbeuten will, muss bei der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) in Jamaika eine Lizenz beantragen. Dies haben mittlerweile 29 Firmen und Institutionen getan. [3] Dabei mischt auch Deutschland mit: Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe besitzt zwei Explorationslizenzen. [4] [5] Der eine deutsche Claim liegt im Gebiet zwischen den Clarion und Clipperton Bruchlinien im Pazifik, wo die ISA 15 weitere Gebiete für die Suche nach Rohstoffen freigegeben hat. [3] Aus Sicht vieler Wissenschaftler ist dies zuviel. Sie fordern, dass in einem Drittel des Gebiets kein Bergbau zugelassen wird, da noch unklar sei, ob sich die Tiefseebiotope vom Rohstoffabbau erholen können. [2] Im Hinblick auf die Verhandlungen über den Schutz der Artenvielfalt in der Hochsee fordert Julie Hunter von der Universität British Columbia: „Die Regierungen sollten die Regeln für den Meeresboden reformieren und das Vorsorgeprinzip vollständig umsetzen.“ [6]

All claimed. Auf dem Grund des Pazifiks versuchen Länder und Firmen sich die lukrativsten Plätze zu sichern. (Karte: ISA [9])
All claimed. Auf dem Grund des Pazifiks versuchen Länder und Firmen sich die lukrativsten Plätze zu sichern. (Karte: ISA [9])
Der Schutz von Tiefseearten ist dabei kein Selbstzweck. Im Gegenteil: Auch die Gene dieser Arten sind wertvoll. „Viele Tiefseeorganismen haben sich an ein Leben unter extremen Konditionen angepasst und haben daher ungewöhnliche, molekulare Merkmale“ schreibt Marjo Vierros von der UN-Universität in einer Studie. [7] Besser noch: „Weil viele Meereslebewesen aus Sicht der Evolution uralt sind, ist der Anteil an potentiell nützlichen Molekülen wohl höher bei Organismen im Meer als bei solchen an Land.“ [7] Das gilt insbesondere für die Arten rund um Tiefsee-Thermalquellen. Das hat auch die Industrie entdeckt – vorneweg ein Konzern aus Deutschland. Eine weitere Studie zeigt, dass der Chemie- und Pharmakonzern BASF 47 Prozent aller Patente auf Tiefsee-Gensequenzen hält. [8] Die Rechtsabteilung des Konzerns wird die Verhandlungen über das neue Abkommen daher wohl gespannt verfolgen. Denn neben Fisch und Bodenschätzen soll dieser auch die Nutzung des dritten Schatzes der Meere regeln: Gene. mic

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[1] Nautilus Minerals, Stand 17.09.2018: PNG

[2] Nature, 09.05.2018: How to save the high seas

[3] International Seabed Authority, 27.03.2018: The Republic of Korea and ISA sign exploration contract

[4] BGR, Stand 17.089.2018: Manganese nodule exploration in the German license area

[5] BGR, Stand 17.09.2018: Marine polymetallic sulphides – Germany’s exploration license in the Indian Ocean

[6] Harvard Environmental Law Review, 16.04.2018: Broadening Common Heritage: Addressing Gaps in the Deep Sea Mining Regulatory Regime

[7] Association for the Sciences of Limnology and Oceanography, 2016: Who Owns the Ocean? Policy Issues Surrounding Marine Genetic Resources (PDF)

[8] Science Advances, 06.06.2018: Corporate control and global governance of marine genetic resources

[9] International Seabed Authority, Stand 17.09.2017: Karte der Clarion Clipperton Fracture Zone