Peking sichert sich mit Milliardeninvestitionen politischen Einfluss und schafft potentielle Marinestützpunkte
Zwei von Chinas Staatskonzernen kaufen derzeit Häfen rund um die Welt – auch in Europa. Dank billigem Geld können sie Konkurrenten meist überbieten und nehmen in strategisch gut gelegenen Orten auch Verluste in Kauf.
„Die Kontrolle der Meere durch Seehandel und -herrschaft bedeutet Überlegenheit in der Welt, denn nichts erleichtert den Austausch wie es die See tut.“ (Alfred Thayer Mahan, 1840 – 1914, US-Stratege)
Ende Januar hat Cosco auch in Nordeuropa Fuss gefasst und ein Containerterminal im Hafen der belgischen Stadt Seebrügge übernommen. Der chinesische Staatskonzern betreibt weltweit Häfen und eine der grössten Handelsflotten der Welt. Der chinesische Botschafter in Belgien, Qu Xing, lobte die Übernahme: „Der Hafen von Seebrügge ist weitsichtig, eine Partnerschaft mit China einzugehen.“ [1] Damit ist Seebrügge in Europa längst nicht mehr allein. Cosco hat auch Beteiligungen an den Häfen von Piräus (Griechenland), Valencia und Bilbao (Spanien) oder Vado (Italien). Dazu kommen mindestens sieben europäische Häfen an denen ‚China Merchants Holdings‘ beteiligt ist. [2] Zusammen kontrollieren die beiden Staatsfirmen mittlerweile zehn Prozent der Kapazität aller europäischen Containerterminals – zehn mal mehr als zu Beginn des Jahrzehnts. [3]
Das Häfen-Sammeln ist Teil von Chinas ‚Belt and Road‘ Initiative. Diese hat zum Ziel die Länder Eurasiens und Afrikas durch gigantische Infrastrukturprojekte besser miteinander zu verknüpfen. Insgesamt sollen 1200 Milliarden Dollar investiert werden, ein Teil davon durch Cosco. Der Konzern hat letztes Jahr 26 Milliarden Dollar von Chinas Entwicklungsbank für Hafenprojekte erhalten. [4] „Die Verfügbarkeit von billigem Geld und guter diplomatischer Unterstützung gibt den chinesischen Hafenbetreibern die Fähigkeit andere Investoren auszustechen und Häfen erster Wahl zu übernehmen“, sagte Turloch Mooney, vom Informationsdienstleister IHS Markit, gegenüber dem US-Magazin Foreign Policy. [5] Die Übernahmen müssen sich auch nicht unbedingt rechnen: „Bei Projekten mit grossem strategischen Wert für die Regierung können chinesische Firmen auch dann investieren, wenn kein offensichtlicher kommerzieller Wert besteht.“
Einige der Projekte sind denn auch gewagt. So baut China in in Sri Lanka gleich zwei Häfen (Hambantota und Colombo) für total drei Milliarden Dollar und einen auf der burmesischen Maday Insel für 2,5 Milliarden. [6] Schon länger existiert der Hafen Gwadar in Pakistan. Strategisch liegt auch der Hafen in Dschibuti am Ausgang des Roten Meers. Diese Häfen liege alle an der Handelsroute von China zum Persischen Golf und zum Suezkanal. Aber auch auf dem Seeweg rund ums Kap der Guten Hoffnung sind Häfen im Bau oder in Planung. In Tansania errichtet China derzeit einen Hafen (Bagamoyo) für zehn Milliarden Dollar. [6] Geplant sind ausserdem Häfen in Sao Tome und Principe im Atlantik und in Namibia (Walfischbucht). [7] Dabei bauen die chinesischen Firmen oft nicht nur einen Hafen sondern gleich eine eine kleine Stadt mit eigenem Kraftwerk und einer Sonderwirtschaftszone für Industrie. Damit kauft sich China auch Einfluss meint Mooney: “Die Dimension der ‘Belt and Road’ Investitionen in Schlüsselinfrastruktur bedeutet, dass Chinas politischer Einfluss in diesen Ländern zunehmen wird.“ [5]
Das gilt auch für Europa. Im März letzten Jahres verhinderte Ungarn, dass die EU die Folter von Anwälten in chinesischen Gefängnissen kritisiert. Vier Monate später brach Griechenland den EU-Konsens und brachte so eine chinakritische EU-Demarche vor dem UN-Menschenrechtsrat zu Fall. [8 s. S. 16] Das besorgt mittlerweile auch Jean-Claude Juncker, den Chef der EU-Kommission: „Europa muss seine strategischen Interessen verteidigen. Wenn eine ausländische Firma im Staatsbesitz einen europäischen Hafen, Teile unseres Stromnetzes oder einen Waffenhersteller kaufen will, dann muss das transparent und mit genauer Prüfung und Diskussion erfolgen.“[9] Juncker will daher, dass die EU-Kommission die Möglichkeit erhält, ausländische Investitionen zu prüfen. Unterstützung bekommt er dabei von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron: „China wird keinen Kontinent, keine Macht, respektieren, wenn einige Mitgliedsländer einfach ihre Tür offen lassen.“ [5]
Doch die Grossinvestitionen haben nicht nur eine politische Dimension sondern im Fall von Häfen auch militärisches Potential: „Es gibt eine inhärente Dualität in den Hafenanlagen, die China im Ausland baut. Diese sind vordergründig kommerziell, können aber schnell ausgebaut werden, um militärischen Missionen zu dienen“, sagte Abhijit Singh von der ‚Oberver Research Foundation‘ in Delhi (Indien) gegenüber der Financial Times. [7] China hat derzeit nur einen Militärstützpunkt im Ausland – in Dschibuti. Doch die chinesische Marine besucht auch immer wieder die Häfen im Besitz chinesischer Staatsfirmen etwa Gwadar oder Hambantota. In Piräus waren zuletzt im Juli 2017 chinesische Kriegsschiffe zu Besuch. Bei dieser Gelegenheit sagte Chinas Botschafter in Athen, Gao Wenqi: “Unsere beiden Nationen, Erben erhabener Zivilisationen, marschieren Hand-in-Hand in Richtung des gemeinsamen Ziels der Verjüngung.“ Dabei unterschlägt Gao allerdings den wesentlichen Unterschied zwischen dem geschichtlichen Erbe der beiden Länder: Hier Demokratie und dort Imperium. mic
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[2] CMA CGM, 11.06.2013: CMHI and CMA CGM complete the Terminal Link Transaction
[4] JOC, 13.01.2017: China Cosco gets $26B for Belt and Road initiatives
[5] FP, 02.02.2018: Why Is China Buying Up Europe’s Ports?
[6] The Diplomat, 08.03.2017: The Power of Ports: China’s Maritime March
[7] FT, 12.01.2017: How China rules the waves
[10] ekathimerini, 23.07.2017: Chinese naval fleet arrives in Greece for friendly visit