G20, G19, GNull?

Trump droht bei Handels- und Klimapolitik Isolation

Verkehrte Welt: Während sich US-Präsident Donald Trump in Polen hofieren lässt, bereiten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Chinas Präsident Xi Jinping den G20 Gipfel vor und die EU und Japan verkünden ein Freihandelsabkommen.

Der jährliche G20-Gipfel wurde im Jahr 2008 ins Leben gerufen, um der Finanz- und Wirtschaftskrise Herr zu werden. Damals bestand die Gefahr, dass sich die Länder abschotten und so eine Weltwirtschaftskrise wie in den 30’er Jahren des letzten Jahrhunderts auslösen. Dies vermochten die Führer der zwanzig wichtigsten Länder der Welt zu verhindern. Doch die eigentliche Bewährungsprobe für die G20 kommt erst jetzt. Für US-Präsident Donald Trump gibt es keine „Weltgemeinschaft“, die durch Kooperation gemeinsame Probleme lösen kann, sondern er sieht die Welt einzig als „eine Arena, in der Länder, Firmen und andere Akteure um ihren Vorteil konkurrieren“. [1] Umgekehrt spricht Chinas Präsident Xi Jinping von einer „Schicksalsgemeinschaft der Menschheit“ und sagt: „Wir haben ein gemeinsames Ziel: die Schaffung einer besseren Welt“. [2]

Make Capitalism History. Falls Donald Trump beim G20-Gipfel einen Handelskrieg anzettelt, ist die Globalisierung zumindest vorerst Geschichte. Unterstützung bekäme er dafür von vielen, die ausserhalb des Konferenzgeländes am Gipfel teilnehmen. (Foto: seven resist / Flickr)
Make Capitalism History. Falls Donald Trump beim G20-Gipfel einen Handelskrieg anzettelt, ist die Globalisierung zumindest vorerst Geschichte. Unterstützung bekäme er dafür von vielen, die ausserhalb des Konferenzgeländes am Gipfel teilnehmen. (Foto: seven resist / Flickr)

Aus wirtschaftlicher Sicht findet der Gipfel vor einem positiven Hintergrund statt, sagt IWF-Chefin Christine Lagarde: „Der Gipfel beginnt mit einem Gefühl von Optimismus. Die gute Stimmung beruht auf der globalen (wirtschaftlichen) Erholung, die jetzt ein Jahr alt ist, und sie ist eine willkommener Wechsel von früheren G20-Treffen.“ [3] Ob der Aufschwung und die Stimmung anhalten, hängt nicht zuletzt davon ab, wie sich Trump bei Handelsfragen auf dem Gipfel positioniert. Dort findet er die paradoxe Situation vor, dass seine protektionistischen Impulse den Freihandel zwischen anderen Ländern fördern. Denn die schnelle Grundsatzeinigung beim EU – Japan Freihandlesabkommen, wäre ohne Trump nicht möglich gewesen, sagt André Sapir vom Think Tank Breugel: „Es gab eine riesige Lücke zwischen Tokyo und Brüssel. Man brauchte den Trump-Effekt um diese so bemerkenswert schnell zu überbrücken.“ [4] Ob Trump deswegen die übliche Absage der G20 an protektionistische Massnahmen und das Bekenntnis zu einer regelbasierten Weltwirtschaft mittragen wird, ist allerdings fraglich.

Im Gegenteil besteht die Gefahr, dass Trump in Hamburg einen Handelskrieg auslöst. Anlass ist die Überkapazität der Stahlkocher insbesondere in China. Trumps Handelsminister Wilbur Ross wird in Hamburg einen Bericht zum Stahlmarkt vorstellen. Dieser ging der Frage nach, ob Stahlimporte eine Gefahr für die nationale Sicherheit der USA darstellen. In diesem Fall erlaubt ‚Sektion 232‘ eines Gesetzes aus dem Jahr 1962 weitreichende Massnahmen zur Drosselung der Importe. Die EU lehnt derartige Überlegungen strkt ab: „Es gibt keine Hinweise, dass Importe – und sicher nicht die aus der EU – die nationale Sicherheit der USA gefärden“, sagte ein EU-Sprecher. „Wenn es Schwierigkeiten gibt, sollten diese mit herkömmlichen Rechtsmitteln gelöst werden“ etwa Anti-Dumping Massnahmen. [5] Sollten die USA dennoch ‚Sektion 232‘ gegen EU-Stahl anwenden, droht EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström mit Gegenmassnahmen: „Wenn es uns trifft, werden wir natürlich Vergeltung üben. Wann und wie genau sage ich nicht, aber wir treffen Vorbereitungen.“ [6]

Eine Eskalation beim Stahl ist wahrscheinlicher geworden, weil Trump den Eindruck hat, China übe nicht genug Druck auf Nordkorea aus. Im Anschluss an Nordkoreas erfolgreichen Test einer Interkontinentalrakete, die die USA erreichen könnte, twitterte Trump am Mittwoch: „Der Handel zwischen China und Nordkorea ist im ersten Quartal um 40 Prozent gestiegen. Soviel zum Thema China arbeitet mit uns, aber wir mussten es versuchen.“ [7] Ian Bremmer, der Chef des Think Tanks ‚Eurasia Group‘, sagte: Die Trump-Regierung „bereitet sich auf Zölle gegen China vor mit der Möglichkeit eines Handelskriegs. Nordkoreas Possen machen es nur noch schlimmer.“ [8]

Neben einem Handelskrieg droht beim G20-Gipfel zudem eine Klimakrise. Die G20 haben in der Vergangenheit nachdrücklich das Pariser Klimaabkommen unterstützt, aus dem Trump aussteigen will. Nun stellt sich die Frage, ob die G20 dennoch eine gemeinsame Position zum Klima finden können. Beim G7-Gipfel war dies nicht gelungen und die US-Position wurde zur Fussnote relegiert. Beim G20-Gipfel besteht jedoch die Gefahr, dass weitere Länder ihr Unterstützung für das Paris-Abkommen in Frage stellen etwa Saudi Arabien. Anzeichen gibt es dafür allerdings keine. Nick Mabey, der Chef des britischen Think Tanks E3G emphielt denn auch Trump einfach zu ignorieren: „Viel entscheidender ist, wie die übrigen G20-Staaten beim Klimaschutz und bei erneuerbaren Energien zusammenarbeiten.“ [9] Auch Alden Meyer von der US-Wissenschaftsvereinigung Union of Concerned Scientists glaubt nicht, dass das Bekenntnis zum Klimaabkommen die entscheidende Frage des Gipfels sein wird. “Auf der Agenda stehen die Umsetzung des Abkommens und die Strategie zur Dekarbonisierung der Weltwirtschaft bis 2050.” [9]

Auf der Agenda des Gipfels steht aber noch eine ganz andere Frage, meint Yinhong Shi von Remnin Universität in Peking: „Wollen die USA noch der Führer der internationalen Ordnung sein?“ [10] Trumps Slogan „Amerika Zuerst“ schliesst das zumindest nicht aus. Ohne einen kooperativen Ansatz bei Handel und Klima dürfte dieser jedoch zunehmend wie „Amerika Allein“ klingen. mic

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Dann abonnieren Sie doch weltinnenpolitik.net per RSS oder Email
oder folgen sie der Facebook Seite

[1] H.R. McMaster und Gary Cohn in Wall Street Journal, 30.05.2017: America First Doesn’t Mean America Alone

[2] Xi Jinping in Die Welt, 04.07.2017: Für eine bessere Welt

[3] Christine Lagarde, 05.07.2017: No Time to Stand Still: Strengthening Global Growth and Building Inclusive Economies

[4] Politico, 05.07.2017: Trump boosts free trade — outside the US

[5] Euractiv, 04.07.2017: Leaders gear up for global steel trade war ahead of G20

[6] Reuters, 26.06.2017: Europe will retaliate if hit by U.S. steel controls – EU trade chief

[7] Donald Trump, 05.07.2017: Twitter Status

[8] CNBC, 06.07.2017: Trump suggests the pressure on China over North Korea may just be beginning

[9] Klimaretter, 05.07.2017: G20: Eine Frage des Geldes

[10] Politico, 05.07.2017: Donald Trump wants a do-over in Europe