Warten auf das Endspiel

Konferenzpräsident Laurent Fabius hat den ganzen Donnerstag an einem neuen Textentwurf gefeilt

Wie immer warten die Länder bis zum letzten Moment, um ihre Karten auf den Tisch zu legen. Für den Präsidenten der UN-Klimaverhandlungen ist das ein Problem, schliesslich ist er für den Zeitplan verantwortlich.

Bei den Klimaverhandlungen in Paris herrscht in einem Punkt Einigkeit: Der Konferenzpräsident und Aussenminister Frankreichs, Laurent Fabius, macht seinen Job hervorragend. “Fabius hat ein noch nie dagewesenes Mass an Unterstützung”, sagt etwa Alix Mazounie von der Umweltorganisation CAN. Jeden Abend beruft Fabius das ‘Comité de Paris’ ein, den Lenkungsausschuss der Verhandlungen, den er ‘präsidiert’. “Er macht das mit sehr grosser Ruhe”, urteilt Carole Dieschbourg, die als luxemburgische Umweltministerin die Verhandlungen für die EU leitet. Ruhe gelassen hat er sich auch gestern (Donnerstag). Eigentlich wollte er um drei Uhr nachmittags einen neuen Textentwurf veröffentlichen. Doch bis neun Uhr abends lag immer noch kein Text vor.

Zeitvertreib. Während Laurent Fabius an einem neuen Entwurf für den Weltklimavertrag arbeitet, vertreibt sich die Zivilgesellschaft die Zeit mit verschiedenen Aktionen. (Foto: IISD)
Zeitvertreib. Während Laurent Fabius an einem neuen Entwurf für den Weltklimavertrag arbeitet, vertreibt sich die Zivilgesellschaft die Zeit mit verschiedenen Aktionen. (Foto: IISD)

Denn Fabius hat ein Problem. In der Nacht zuvor haben sich die Länder bei den wichtigen Fragen kaum bewegt. Diese sind: die Ambition des Abkommens, die Unterscheidung zwischen armen, nicht-so-armen und reichen Ländern und – wie immer – die Finanzierung. Fortschritte gab es nur bei wenig umstrittenen Themen wie Technologieentwicklung oder Kapazitätsaufbau. Ein Grund für die fehlenden Fortschritte ist, dass viele Länder noch immer Diplomaten vorschicken und nicht auf Ministerebene verhandeln. Dies kritisierte etwa die Schweizer Bundesrätin Doris Leuthard: “Die Technokraten würden am liebsten noch zwei oder drei Jahre am Text feilen. Jetzt ist aber die Zeit für Entscheidungen gekommen, und diese müssen die Minister treffen.”

Doch auch auf Ministerebene wird ein Konsens nicht einfach sein. Immer mehr Länder fordern, dass die Klimaerwärmung auf “deutlich unter zwei Grad” oder gar auf 1,5 Grad begrenzt wird. Dies lehnen Länder wie Saudi Arabien und Indien aber weiterhin ab. Da hilft auch nichts, dass viele Unternehmen für ein ehrgeiziges Klimaziel werben: “Wir wollen ein Signal, dass die Dekarbonisierung der Volkswirtschaften so schnell wie möglich erfolgt”, sagt Nicolette Bartlett von der ‘Corporate Leaders Group’ von Prinz Charles. Die Unternehmensführer wollen also dazu gezwungen werden, ihre Treibhausgasemissionen auf Null zu reduzieren. Dass von Paris ein derart klares Signal ausgehen wird, ist allerdings unwahrscheinlich: ‘Null’ taugt nicht als Kompromiss.

Aus Sicht von Dieschbourg geht es aber weniger um das Ziel als um die Mittel: “Es reicht nicht, ein 1,5 Grad-Ziel in den Vertrag zu schreiben. Wir brauchen auch ein entsprechendes Instrumentarium, um es zu erreichen.” Für die EU gebe es deshalb eine ‘rote Linie’, die nicht unterschritten werden dürfe: “Wir müssen alle fünf Jahre überprüfen, ob die Staaten ihre Zusagen einhalten, ob wir auf dem richtigen Weg sind.” Damit soll es alle fünf Jahre zu einem ‘globalen Moment’ kommen, zu dem sich die Länder darüber Rechenschaft ablegen, wie es um das Klima steht und was zu tun ist. Im Hinblick auf die Verhandlungen lässt sich zumindest die zweite Frage leicht beantworten: Noch viel. mic

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