New Yorker Staatsanwalt geht gegen Exxon und Peabody Energy vor
Rettet die Menschheit das Klima? Exxon glaubt das nicht und sieht daher auch keinen Bedarf, auf die Folgen fürs Öl- und Gasgeschäft hinzuweisen, wenn die Menschheit dies doch täte. Das könnte Anlagebetrug sein.
Peabody Energy ist der grösste börsenkotierte Kohleproduzent der Welt. Der Milliardenkonzern behauptete bislang aber, nicht abschätzen zu können, welchen Einfluss Klimaschutzmassnahmen auf den Kohlemarkt haben könnten. Aus Sicht von Eric Schneiderman, dem obesten Staatsanwalt von New York, verstösst der Konzern damit gegen Regeln zum Schutz von Investoren. „Als börsenkotierte Firma, deren Kerngeschäft riesige Mengen an CO2 Emissionen produziert, hat Peabody die Pflicht ehrlich mit ihren Investoren und der Öffentlichkeit zu sein.“ [1] Denn intern weiss der Konzern sehr wohl, welche Konsequenzen strengere Regeln haben: So kalkulierten Peabody Buchhalter die Folgen neuer US-Verordnungen für bestehende und zukünftige Kohlekraftwerke und kamen zum Schluss, dass dadurch der Umsatz mit Kohle in den USA um ein Drittel oder mehr sinkt. [1] In einem aussergerichtlichen Vergleich hat sich Peabody nun bereit erklärt, in seinen Quartals- und Jahresberichten folgenden Hinweis zu drucken: „Sorgen über die Umweltauswirkungen von Kohleverbrennung könnten einen signifikanten Einfluss auf die Nachfrage nach unseren Produkten und nach unseren Wertschriften haben.“ [1] Schneiderman verbindet damit eine Hoffnung: „Ich glaube, dass die volle und faire Offenlegung durch Peabody und andere Energiekonzerne Investoren dazu veranlasst, lange darüber nachzudenken, welche Schäden diese Firmen unserem Planeten antun.“ [1]
Damit kommt Peabody noch relativ glimpflich davon. Letzte Woche wurde bekannt, dass die New Yorker Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen den Ölkonzern Exxon aufgenommen hat. Dessen Management wusste schon in den 70er Jahren, welchen Folgen CO2 Emissionen auf das Klima haben, wie eine Recherche von Inside Climate News zeigt, einer mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneten Nachrichtenseite. Im Jahr 1977 erhielten die Exxon Chefs folgende Warnung von einem Konzernwissenschaftler: „Es gibt einen generellen, wissenschaftlichen Konsens, dass die wahrscheinlichste Art wie der Mensch das Klima beeinflusst, CO2 Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energien sind.“ [2] Und ein Jahr später warnte der Wissenschaftler: „Die Menschheit hat ein Zeitfenster von fünf oder zehn Jahren, bevor harte Entscheidungen bezüglich Änderungen im Energiesystem dringend nötig werden.“ [2] 20 Jahre später konnte der damalige Exxon CEO Lee Raymond jedoch keinerlei Dringlichkeit mehr erkennen: „Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Temperatur im Jahr 2050 signifikant beeinträchtigt wird, egal ob Massnahmen jetzt oder in 20 Jahren ergriffen werden.“ [2] Und um sicher zu stellen, dass keine Massnahmen ergriffen werden, finanzierte der Konzern dann Klimaleugner, die Verwirrung in der Öffentlichkeit säen sollten hinsichtlich der Solidität der Klimawissenschaften.
In einem Bericht aus dem letzten Jahr geht der Konzern davon aus, dass die Menschheit nicht die erforderlichen Massnahmen treffen wird, um die Klimaerwärmung auf zwei Grad zu begrenzen: „Wir sehen nicht voraus, dass die Gesellschaft in der Lage ist traditionelle, fossile Energien mit anderen Energien, etwa erneuerbaren, im nötigen Ausmass zu ersetzen, sodass das CO2 Budget im Vorhersagezeitraum (bis 2040) eingehalten wird.“ [3, S. 12] Der Konzern hält es daher auch nicht für nötig, die Möglichkeit von effektivem Klimaschutz und dessen Folgen aufs Geschäft in seinen Quartals- und Jahresberichten zu berücksichtigen: „Wir glauben, diese Offenlegung könnte irreführend sein.“ [3, S. 20] Dabei ist klar, dass zwei Drittel der bekannten Reserven an Kohle, Öl und Gas im Boden bleiben müssen, um das Zwei-Grad-Ziel nicht zu reissen.
Dies sieht New Yorks Staatsanwalt genau umgekehrt: Grund für die Ermittlungen ist der Verdacht, dass Exxon wissentlich seine Investoren und die Öffentlichkeit in die Irre führt. Dies wäre Anlagebetrug. Viele Beobachter vergleichen den Exxon Fall bereits mit den Prozessen gegen die Tabakkonzerne. „Wir könnten hier gerade die erste Salve an Schadensersatzprozessen sehen, wie bei den Tabakprozessen in den 90er Jahren.“, sagte der Rechtsprofessor Keneth Rumelt gegenüber der Los Angeles Times. „Der wichtigste Unterschied ist diesmal: Es geht um viel mehr.“ [4] mic
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[3] ExxonMobil, 2014: Energy and Carbon — Managing the Risks (PDF)