Die Rechnung für die Nachhaltigkeitsziele ist dreizehnstellig

Die Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele kostet bis zu 1500 Milliarden Dollar pro Jahr

Die Abschaffung von Hunger und Armut und ähnlich ehrgeizige Ziele sind nicht unbezahlbar. Die Kosten für die Umsetzung aller Ziele betragen weniger als die Hälfte des deutschen Bruttoinlandsprodukts.

Die Nachhaltigen Entwicklungsziele SDGs sind ein „Plan für die Menschen, den Planeten und Wohlstand“ und versprechen: „Niemand wird zurückgelassen.“ Dieser ‚Managementplan für die Welt AG‘ beinhaltet viele, extrem lukrative Massnahmen: Für jeden Euro, der in Kindergärten und Primarschulen oder den Kampf gegen Malaria, Tuberkulose und Aids investiert wird, erhält man einen Ertrag von rund 30 Euro, wie der dänische Think Tank Copenhagen Consensus Center ausgerechnet hat. Anfangs sind aber auch erhebliche Investitionen erforderlich um die 17 Ober- und 169 Unterziele zu erreichen. Eine Studie der Entwicklungsorganisation Oxfam und der Beratungsfirma Development Finance International DFI beziffert den Finanzbedarf: Die Entwicklungsländer müssen jedes Jahr 800 bis 1500 Milliarden Dollar zusätzliche öffentliche Ausgaben tätigen, um die Ziele zu erreichen. [1] Dies entspricht drei bis sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts BIP dieser Länder. Die Weltbank kommt daher zum Schluss: „Im Prinzip hat die Menschheit die Mittel um die SDGs zu erreichen.“ [2]

Lohnt sich. Auf die Entwicklungsländer kommen Kosten für die Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele von bis 1500 Milliarden Dollar zu. (Bild: mic)
Lohnt sich. Auf die Entwicklungsländer kommen Kosten für die Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele von bis 1500 Milliarden Dollar zu. (Bild: mic)

Die Weltbank warnt aber auch: „Es braucht einen Paradigmenwechsel bei der Entwicklungsfinanzierung, um die für die SDGs erfoderlichen Mittel zu mobilisieren.“ Entwicklungshilfegelder der reichen Länder allein reichen nicht. Diese betrugen letztes Jahr 135 Milliarden Dollar, ein Allzeitrekord. Dazu kamen rund 65 Milliarden Dollar aus Spenden und von Stiftungen sowie von anderen Entwicklungsländern. Selbst wenn die reichen Länder ihre Ausgaben für Entwicklungshilfe auf den internationalen Zielwert von 0,7 Prozent des BIP erhöhen würden, käme man nur auf 400 Milliarden Dollar. Dazu kämen im besten Fall die 100 Milliarden Dollar, die die Industriestaaten „mobilisieren“ wollen, um die Entwicklungsländer beim Klimaschutz und bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen. Doch selbst dann sind rund zwei Drittel der 1500 Milliarden Rechnung nicht gedeckt. Die gute Nachricht ist: Der von der Weltbank angemahnte „Paradigmenwechsel“ wurde bei einer Konferenz in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba im Juli dieses Jahres bereits eingeleitet.

Die 1000 Milliarden Dollar Lücke soll mit Mitteln aus drei Quellen geschlossen werden: durch höhere Steuereinnahmen der Entwicklungsländer, durch eine Reduktion von Schwarzgeldflüssen und durch private Investitionen. In allen drei Bereichen sind bereits Massnahmen in Arbeit. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD, der ‚Club der reichen Länder‘, kümmert sich um die Steuereinnahmen: Viele multinationale Konzerne reduzieren ihre Steuerlast indem sie Gewinne in Länder mit sehr niedrigen Unternehmenssteuern wie Luxemburg oder Irland verschieben. Dies soll verhindert werden, indem man diese Firmen zwingt, ihre Gewinne und ihre Steuerzahlungen Land-für-Land auszuweisen. Um Schwarzgeldflüsse einzudämmen, sollen Firmen und Stiftungen offen legen wem sie gehören und wem die Gewinne zufallen. Private Investitionen spielen derweil insbesondere in den Bereichen Energie und Infrstruktur eine wichtige Rolle. Hier hat sich in den letzten Jahren etwa ein wachsender Markt für ‚Grüne Anleihen‘ (englisch ‚Green Bonds‘) entwickelt, um Investitionen in erneuerbare Energien zu finanzieren. Weiteres Geld für Infrastruktur kommt ab nächstem Jahr von einer neuen Entwicklungsbank, der Asian Infrastructure Investment Bank.

Für die ärmsten Länder der Welt reichen diese Massnahmen aber nicht aus. Die potentiellen Steuereinnahmen sind zu gering und für ausländische Investoren sind diese Staaten meist unattraktiv. Das macht auch dem Entwicklungsökonomen Jeffrey Sachs Sorgen: „Wir brauchen neue (Finanzierungs-) Initiativen, damit die Länder mit niedrigem Einkommen die SDGs für Gesundheit, Bildung und Hunger erreichen können. Aber wir haben keine spezifischen Initiativen, die auf die SDGs abgestimmt sind.“ [3] In Addis Abeba hat man sich einzig darauf geeinigt, dass die ärmsten Länder der Welt nicht wie bislang ein Drittel sondern die Hälfte der Entwicklungshilfegeldern bekommen sollen. Ob das reicht, wird sich zeigen. Mit den Nachhaltigen Entwicklungszielen hat die Menschheit einen Plan, der es erlaubt kontinuierlich die Entwicklung in den verschiedenen Ländern zu kontrollieren. Lassen sich dabei Planabweichungen erkennen, müssen die Länder etwas nachsteuern und vielleicht auch punktuell mehr investieren. Klar ist aber: Die Nachhaltigen Entwicklungsziele sind durchaus bezahlbar. mic

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 [1] DFI / Oxfam, April 2015: Financing the Sustainable Development Goals (PDF)

[2] Weltbank, 02.04.2015: From billions to trillions: Transforming development finance (PDF)

[3] IWF, 18.04.2015: Financing For Development: The Way Forward