Die Philippinen stehen vor Kohlestrom-Bonanza

Derzeit sind 55 neue Kohlekraftwerke beantragt oder im Bau

Kaum ein Land ist so sehr vom Klimawandel bedroht wie die Philippinen. Trotzdem setzt das Land auf Kohle. Der Anteil von Kohlestrom am Strommix könnte sich in den nächsten 15 Jahren auf 70 Prozent verdoppeln.

Die Philippinen galten lange als ‚der kranke Mann‘ Südostasiens, denn die Wirtschaft kam nicht vom Fleck. Dies hat sich geändert: Die Wirtschaft wächst, der Wohlstand steigt und der Energiehunger nimmt zu. Der Kraftwerspark soll daher von heute 12 auf 30 Gigawatt im Jahr 2030 ausgebaut werden. [1] Das Ziel ist ein Drittelmix wie Zenaida Monsada, die Chefin des Energiedepartements erklärt: „Unser Ziel ist ein ausbalancierter Energiemix mit einem Drittel Kohle, einem Drittel Erneuerbare und einem Drittel Gas.“ [2] Doch derzeit sieht die Entwicklung anders aus, warnen Umweltorganisationen. Der Global Coal Plant Tracker, ein globales Verzeichnis von Kohlekraftwerken, listet 55 Kraftwerke auf, die angekündigt, in Planung oder im Bau sind. [3] Damit würde der Kohleanteil von heute 35 auf rund 70 Prozent verdoppelt. „Während sich die ganze Welt von der Kohle abwendet, umarmen wir sie als ein Heilmittel für unsere Entwicklungsherausforderungen.“, sagt Nadarev ‚Yeb‘ Saño, der frühere Leiter der philippinischen Delegation bei den Klimaverhandlungen. „Der herzhafte Push für Kohle ist einfach ironisch.“ [4] Die Philippinen sind eines der Länder, die am meisten vom Klimawandel bedroht sind gemäss dem Global Climate Risk Index 2015 [7]. In Folge von Taifun Hayan kamen vorletztes Jahr 6000 Menschen ums Leben und vier Millionen wurden obdachlos.

Der Preis von Kohlestrom. Im Jahr 2013 zerstörte der Supertaifun Haiyan Tausende von Häusern und tötete 6000 Menschen. (Foto: Liam Kennedy / MCSN)
Der Preis von Kohlestrom. Im Jahr 2013 zerstörte der Supertaifun Haiyan Tausende von Häusern und tötete 6000 Menschen. (Foto: Liam Kennedy / MCSN)

Monsada erklärt den Schub für die Kohle mit der Strommarktstruktur des Philippinen. „Der Energiesektor ist privat. Es ist ein freier Markt, sogar für Investoren. Die aktuelle Praxis geht Richtung Kohle, weil es das billigste ist.“ [2] Dabei hat das Inselland grosses Potential für Erneuerbare. Relativ gut genutzt sind bereits die Geothermie- und Wasserkraftressourcen. Wind- und Solarkraft sowie Biomasse kommen derzeit zusammen aber nur auf 117 Megawatt. [5] Um den Erneuerbaren auf die Sprünge zu helfen, hat sich nun auch die katholische Kirche eingeschaltet. Im Juni hat sich die Kirche der Kampagne ‚Eine Million gegen Kohle‘ angeschlossen. Ausserdem wirbt sie für die Erneuerbaren: „Wir ermutigen unsere Gemeinden Erneuerbare einzusetzen, als ein gutes Beispiel. Wir werden das in unsere ‚Best Practice‘ Empfehlung integrieren.“, sagt Vater Edwin Gariguez, der Chef von Caritas Philippinen. [1] Obwohl 80 Prozent der Philippinos katholisch sind, kann die Kirche allein das Blatt aber nicht wenden, warnt Gariguez: „Die Kirche hat nicht die finanzielle Kapazität. Wir können nur dafür werben, dass die Regierung die Erneuerbaren unterstützt.“ [1] Aus Sicht von Gerry Arances von der ‚Bewegung für Klimagerechtigkeit‘ (PMCJ), einer Umweltorganisation, ist der Beitrag der Kirche dennoch wichtig: „Der Eintritt der katholischen Kirche in die Klimaszene ist ein nötiges Element, um die moralischen und ethischen Argumente in das Klimadebakel einzuführen.“ [1]

Ein Grund, warum Kohle selbst in den Philippinen noch immer die besseren Karten hat als die Erneuerbaren, sind Subventionen. Der Natural Resources Defense Council, eine US-Umweltorganisation hat nachgerechnet [6]: In den Jahren 2007 bis 2014 haben die wichtigsten Länder den Export von Kohletechnologien mit 73 Milliarden Dollar aus öffentlichen Mitteln unterstützt. Führend ist Japan mit Ausgaben von über 20 Milliarden. Deutschland liegt auf Platz 4 mit gut sechs Milliarden Dollar. Insgesamt wurden damit Kohleprojekte ermöglicht, die soviel CO2 ausstossen wie Italien. Ein wichtiger Empfänger dieser Subventionen sind die Philippinen. Das Land hat in den Jahren 2007 bis 2014 Kredite für Kohleprojekte in Höhe von knapp 35 Milliarden Dollar erhalten, deren Zinssatz durch staatliche Exportrisikoversicherungen subventioniert wurde. Damit liegt das Land auf Platz 5 der grössten Empfängerländer.

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Dann abonnieren Sie doch weltinnenpolitik.net per RSS
oder folgen sie der Facebook Seite

[1] Guardian, 18.08.2015: Can the church shift the balance to renewable energy in the Philippines?

[2] Channel News Asia, 15.07.2015: Philippines seeking to tap its potential in renewable energy

[3] Global Coal Plant Tracker, 19.07.2015: Philippines – Announced, Pre-Permit, Permitted, Construction

[4] Rappler, 21.07.2015: PH bucking global trend vs coal use – groups

[5] Guardian, 18.06.2015: Philippines sees slow take up of renewable energy

[6] National Ressources Defence Council, June 2015: Under the Rug – How governments and international institutions are hiding billions in support to the coal industry (PDF)

[7] Germanwatch, November 2014: Global Climate Risk Index 2015 (PDF)