Ölmultis bieten dem Klima Friedensverhandlungen an

Sechs europäische Öl- und Gaskonzerne wollen „direkten Dialog“ mit UNO

Es kommt selten vor, dass Firmen darum bitten stärker besteuert zu werden. Doch genau das haben nun sechs Energiekonzerne getan: Sie bieten der UNO an, bei der Einführung eines Preises für CO2 Emissionen mitzuhelfen.

In Bonn hat am Montag eine neue Runde der UN-Klimaverhandlungen begonnen. Am Tisch sitzen die Vertreter von knapp 200 Ländern. Gern mit dabei wären aber auch sechs europäische Energiekonzerne. Deren Chefs haben der Chefin des UN-Klimasekretariats Christiana Figueres einen Brief geschrieben [1], der der englischen Tageszeitung Financial Times vorliegt. [2] In diesem Brief bitten sie um „einen direkten Dialog mit der UNO und willigen Regierungen“. Dies ist erstaunlich, da die Konzerne gleich wie Umweltorganisationen, Gewerkschaften oder Kirchen problemlos als Beobachter bei den Verhandlungen zugelassen werden und deren Chefs bei ihren Regierungen oder bei Figueres wohl auch einen Gesprächstermin bekommen könnten. Aus Sicht von Alix Mazouni von der Umweltorganisation RAC ist der Brief der Konzernlenker denn auch ein Zeichen: „Sie haben Panik.“ Die sechs Konzerne sind Shell (Holland), BP (England), Total (Frankreich), Statoil (Norwegen), Eni (Italien) und BG (England).

Sie haben Post: Die Chefs von Ölmultistan wollen jetzt auch bei den Klimaverhandlungen dabei sein. (Foto: UNFCCC)
Sie haben Post: Die Chefs von Ölmultistan wollen jetzt auch bei den Klimaverhandlungen dabei sein. (Foto: UNFCCC)

Die sechs Multis haben ein konkretes Anliegen: „Wir haben grosses Interesse an der Schaffung eines funktionierenden Ansatzes, um CO2 Emissionen mit einem Preis zu versehen, und können dazu wichtige Beiträge liefern.“ Ein solcher Preis würde natürlich die Kosten der Unternehmen erhöhen etwa indem CO2 Emissionen besteuert oder wie in Europa gehandelt werden. Gleichzeitig würde ein CO2 Preis aber auch für ein gleiche Wettbewerbsbedingungen sorgen und mehr Klarheit für Investitionen schaffen, sagen die Multis. Die Firmen geben damit zu, dass sie nicht mehr wissen wo sie wieviel investieren sollen. Grund dafür ist die Diskussion über eine ‚CO2 Blase‘. Wenn die Klimaerwärmung auf zwei Grad begrenzt werden soll, müssen rund 80 Prozent der bekannten Kohle-, Öl- und Gasvorkommen im Boden bleiben wie die Umweltorganisation Carbon Tracker ausgerechnet hat. [3]

Das Problem: Diese Reserven sind in den Aktienkursen der Energiemultis ‚eingepreist‘. Wenn die Länder nun eine wirksame Klimapolitik vereinbaren, könnten diese Reserven und die Förderanlagen wertlos werden. Die Blase platzt. Dabei geht es um grosse Summen: Die Energiemultis investieren pro Jahr knapp eine Billion Dollar (1000 Milliarden), schätzt die Internationale Energieagentur IEA. [4] Wenn die Investitionen mehrerer Jahre abgeschrieben werden müssen, dann könnte dadurch das Weltfinanzsystem ins Wanken kommen. Aus diesem Grund haben die Bank von England und die G20 bereits Studien zur CO2 Blase in Auftrag gegeben. Und auch die deutsche Bundesregierung plant eine solche Studie, um zu klären, „ob Risiken aus dem Engagement in fossile Energieträger richtig bewertet sind und inwieweit hieraus Finanzstabilitätsrisiken resultieren“. [5]

Der Wunsch nach einem CO2 Preis ist aber nicht ganz selbstlos aus Sicht der sechs Konzerne. Diese verweisen in ihrem Brief darauf, dass mit einem Wechsel von Kohle zu Gas bei der Stromerzeugung grosse Mengen an CO2 Emissionen eingespart werden könnten. Davon würden die sechs Konzerne profitieren, da sie viel Gas und wenig Kohle fördern. Ausserdem würde auf Kosten der Kohleproduzenten etwas Druck aus der CO2 Blase abgelassen. mic

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[1] BG, BP, Eni, Shell, Statoil, Total, 29.05.2015: Letter to Christiana Figueres and Laurent Fabius (PDF)

[2] Financial Times, 31.05.2015: European energy groups seek UN backing for carbon pricing system

[3] Carbon Tracker, 2011: Unburnable Carbon – Are the world’s financial markets carrying a carbon bubble?

[4] The Telegraph, 29.04.2015: G20: fossil fuel fears could hammer global financial system

[5] Spiegel Online, 30.05.2015: Regierung erwägt Gutachten zur Gefahr einer “Kohlenstoffblase”