Entscheidend für die Durchsetzungskraft der EU und der Schweiz werden Allianzen mit Entwicklungsländern sein
Die internationale Klimapolitik biegt auf die Zielgerade zu einem neuen Weltklimavertrag ein. Dieser soll nächstes Jahr in Paris verabschiedet werden. Doch schon dieses Jahr eintscheidet sich in der peruanischen Hauptstadt Lima, wie ehrgeizig dieser Klimavertrag ausfallen wird.
Selten wurde eine Klimakonferenz so gut vorbereitet. Die EU hat ihr Emissionsziel für das Jahr 2030 verabschiedet. Die USA und China haben sich bilateral darauf geeinigt ihre Emissionen zu senken. Der Grüne Klimafonds ist mit knapp zehn Milliarden Dollar gefüllt. Es gibt einen Arbeitsplan und ein klares Ziel: Nächstes Jahr soll in Paris ein neuer Weltklimavertrag verabschiedet werden, der es der Welt erlaubt die Klimaerwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die weltweiten CO2 Emissionen innert 15 Jahren ihren Höhepunkt erreichen, bis 2050 halbiert werden und bis 2100 auf Null sinken.
Ob dies gelingt, entscheidet sich aber nicht erst in Paris sondern schon dieses Jahr in der peruanischen Hauptstadt Lima, wo die diesjährige Konferenz der UN-Klimakonvention stattfindet. Das wichtigste Thema in Lima ist ein Formular. Auf diesem sollen die Länder mitteilen, welche Massnahmen sie im Hinblick auf den Klimawandel planen. Die Industriestaaten wollen sich hier auf Massnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen beschränken. Doch die Entwicklungsländer wollen, dass auf diesem Formular auch Massnahmen zur Anpassung an den Klimawandel aufgeführt werden. Ausserdem verlangen sie, dass die Industriestaaten auf diesem Formular auch mitteilen, wieviel Geld sie den Entwicklungsländern geben wollen. Die Industriestaaten lehnen dies ab. Sie befürchten, dass sich manche Länder auf die Anpassung an den Klimawandel konzentrieren, statt dessen Ursachen zu bekämpfen. Wenn Anpassungsmassnahmen Eingang in das Formular finden, besteht zudem die Gefahr, dass viele Länder das Formular nicht rechtzeitig abgeben. Alle Länder sollen ihre Pläne bis spätestens Ende März 2015 offenlegen, damit genug Zeit bleibt diese zu vergleichen und zu prüfen, ob das Zwei-Grad-Ziel auch eingehalten werden kann. Noch grundsätzlicher ist derweil die Ablehnung auch Klimagelder auf dem Formular unterzubringen. Die Hilfszahlungen für Entwicklungsländer laufen über diverse Fonds wie den Grünen Klimafonds, die nicht der UN-Klimakonvention unterstehen. Aus diesem Grund lehnen es die Industriestaaten ab, ihre Hilfszahlungen an die Konvention zu rapportieren. „Das ist eine rote Linie“ sagt ein europäischer Diplomat.
In Lima geht es aber nicht nur um Formulare, sondern auch um die Architektur des zukünftigen Weltklimavertrags. Bei einer früheren Klimakonferenz haben die Länder entschieden, in Paris „ein Protokoll, ein anderes rechtliches Instrument oder eine Übereinkunft mit Rechtskraft“ verabschieden zu wollen. Schon diese komplizierte Formulierung zeigt, dass die Vorstellungen der Länder noch sehr weit auseinander liegen. Die EU und die Schweiz würden gerne ein Protokoll ähnlich dem Kyoto Protokoll verabschieden, wo die Emissionsziele der Länder rechtsverbindlich festgelegt werden. Doch dies stösst auf wenig Begeisterung in anderen Ländern: Zum einen ist es in den USA unmöglich einen Klimastaatsvertrag durchs Parlament zu bringen. Folglich muss das Pariser Abkommen so gestaltet sein, dass die Zustimmung des US-Parlaments nicht erfoderlich ist. Aber auch Indien und China wollen sich nur ungern rechtlich binden. Aus diesem Grund werden die Emissionsziele letztlich wohl nicht rechtsverbindlich sein. Anders ist es mit den Regeln und Prinzipien, denen die (von den Ländern selbst gesteckten) Emissionsziele unterliegen. Diese Regeln können die Mitgliedsländer der UN-Klimakonvention rechtsverbindlich festlegen. „Wir setzen uns weiter für Rechtsverbindlichkeit ein, um den Druck aufrecht zu erhalten.“ sagt ein europäischer Klimadiplomat. „Aber wir wissen, dass wir uns hier nicht auf der ganzen Linie durchsetzen werden.“
Entscheidend für die Durchsetzungskraft der EU und der, von der Schweiz geführten, ‚Umweltintegritätsgruppe‘ wird aber die Fähigkeit sein, Allianzen zu bilden. Im besten Fall läuft es wie im Jahr 2011 in Durban: Damals konnten die EU und die Schweiz die am wenigsten entwickelten Länder, die afrikanischen Staaten, die kleinen Inselstaaten und die fortschrittlichen Südamerikaner in einer grossen Allianz vereinen. Diese Allianz umfasste eine grosse Mehrheit der Länder und konnte schliesslich die USA, China und Indien zu weitreichenden Zugeständnissen bewegen. So wäre etwa die komplizierte Formulierung zur Rechtskraft ohne diese Europa–Entwicklungsländer Allianz nicht möglich gewesen. mic
Hinweis: Der ‚Environmental Integrity Group‘ kurz EIG gehören die Schweiz, Liechtenstein, Monaco, Mexiko und Südkorea an. Es ist die einzige Verhandlungsgruppe der sowohl klassische Industrieländer wie auch ehemals als ‚Entwicklungsländer‘ geltende Staaten angehören. (Mexiko und Südkorea sind mittlerweile OECD Mitglieder und damit Teil des Clubs der Industriestaaten.)
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