Abkommen gegen Biopiraterie tritt in Kraft

UN-Konvention zum Schutz der Artenvielfalt trifft sich in Südkorea

Die Welt verliert bis zu 380 Tier- und Pflanzenarten pro Tag. Dieses Artenmassaker versucht die UN-Biodiversitäts-Konvention bis 2020 zu stoppen.

Wer hat‘s erfunden? Diese Frage entscheidet, wer von einem Patent oder dem Verkauf eines Produkts profitiert. So patentierte die US-Chemiefirma W.R. Grace ein Antipilzmittel, das auf einem Extrakt des Niembaums beruht. Dieser Baum wächst in Indien und Nepal und Grace begann dort die Produktion des Extrakts, wodurch sich der Preis für Niemsamen verzehnfachte. Doch indische Bauern wussten von Alters her von der Antipilzeigenschaft des Niemextrakts und fochten das Patent erfolgreich an. Das Patent, das Grace in vielen Ländern ein Monopol auf den Niemextrakt verschafft hatte, war hinfällig. Um derartige Fälle von ‚Biopiraterie‘ zu vermeiden, haben sich die Länder vor vier Jahren in der japanischen Stadt Nagoya auf ein Zusatzprotokoll zur UN-Biodiversitäts-Konvention geeinigt. Dieses Protokoll regelt den Zugang zu genetischen Ressourcen und die Verteilung von Gewinnen aus deren Nutzung. Da nun 92 Länder das ‚Nagoya Protokoll‘ ratifiziert haben, tritt es am 12. Oktober in Kraft, pünktlich zur zweijährigen Vertragsparteienkonferenz der Biodiversitäts-Konvention in Pyeongchang, Südkorea, die nächste (diese) Woche beginnt.

Voller Medikamente: Das Pharmaunternehmen Merck und der Staat Costa Rica haben ein Abkommen geschlossen, um gemeinsam nach Wirkstoffen in Costa Ricas Genpool zu suchen. (Foto: Wikipedia)
Voller Medikamente: Das Pharmaunternehmen Merck und der Staat Costa Rica haben ein Abkommen geschlossen, um gemeinsam nach Wirkstoffen in Costa Ricas Genpool zu suchen. (Foto: Wikipedia)

Damit findet eine der emotionalsten Debatten im Rahmen der Biodiversitäts-Konvention ein Ende. Denn in der Vergangenheit hat „keiner keinem getraut“ wie der Chef der Konvention, Braulio de Souza Dias, sagte. Einige Wissenschaftler befürchten nun allerdings ein Übermass an Bürokratie: „Es muss einen fairen Weg geben um Gewinne zu teilen. Aber es ist absolut kritisch, dass die Politiker nicht die internationalen Forschungspartnerschaften behindern.“ sagte David Carr von der britischen Pharmaforschungsstiftung Wellcome Trust gegenüber dem Wissenschaftsmagazin Nature. Und auch de Souza Dias weiss, dass das Nagoya Protokoll mit zusätzlichem Aufwand für Forscher verbunden ist: „Ja, die Übergangsphase ist mit Kosten verbunden, aber es sollte ein Übergang zum Besseren sein.“ [1]

Nachdem die Verteilung der Gewinne aus der Nutzung der Artenvielfalt geregelt ist, kann sich die Biodiversitäts-Konvention auf ihre eigentliche Kernaufgabe konzentrieren: die Artenvielfalt zu schützen. Im Moment sterben jeden Tag bis zu 380 Tier- und Pflanzenarten aus und die Anzahl der Tiere auf der Erde hat sich seit 1970 halbiert, wie der die Umweltorganisation WWF ermittelt hat. [2] Die Hauptgründe für diese Abnahme sind Überfischung und –jagung sowie der Verlust oder die Schädigung von Lebensräumen. Um diese Abnahme an Vielfalt zu stoppen, haben sich die Länder der Welt auf die sogenannten Aichi Ziele geeinigt, die bis im Jahr 2020 erreicht werden sollen. Dazu gehört, den Verlust an Lebensräumen inklusive Wald zu halbieren. Ausserdem sollen 17 Prozent der Landfläche und zehn Prozent der Meeresfläche unter Schutz gestellt werden. Um diese Ziele zu erreichen, haben die Länder entschieden die Mittel für den Schutz der Artenvielfalt zu verdoppeln. [3]

Doch die Tücke der Umsetzung steckt im Detail, wie ein europäischer Diplomat erklärt: So sei unklar, was ein Schutzgebiet ausmacht. Und beim Geld, sei ungeklärt auf welches Basisjahr sich der Verdoppelungsbeschluss bezieht und welche Ausgaben angerechnet werden können. Hinzu käme, dass die Zuständigkeiten beim Artenschutz auf viele Organisationen verteilt seien: So gibt es eine Institution, die den Handel mit gefährdeten Tier- und Pflanzenarten regelt (Cites), die Walfangkommission (IWC), gesonderte Einrichtungen für den Nord- und Südpol etc. Am einfachsten ist es da, wenn ein Land unilateral handeln kann. So hat US-Präsident Barack Obama soeben die Schaffung des grössten Meeresschutzgebietes der Welt mit 1,2 Millionen Quadratkilometern rund um ein paar Atolle im Pazifik dekretiert. Und der Inselstaat Kiribati stellt 409‘000 Quadratkilometer seiner Meeresfläche unter Schutz. mic

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[1] Nature, 30.09.2014: Biopiracy ban stirs red-tape fears

[2] WWF, Oktober 2014: Living Planet Report 2014

[3] weltinnenpolitik, 21.10.2012: Investitionen in Artenschutz werden verdoppelt