Vorbereitungen für Sustainable Development Goals abgeschlossen
Das Leben vieler Menschen in den Entwicklungsländern hat sich seit der Jahrtausendwende markant verbessert. Anteil an diesem Erfolg haben auch die Millennium Entwicklungsziele,die noch bis 2015 gelten. Nun laufen die Vorbereitungen für einen neuen Zielkatalog.
“Jedes große Ziel, auch wenn es nicht erreicht wird, bewirkt, dass wenigstens etwas erreicht wird.” (Lü Buwei, chinesischer Politiker und Philosoph, um 300 v. Chr.)
Im Jahr 2000 hat die Menschheit ein gigantisches Experiment begonnen: Mit den Millenium Development Goals (MDGs) haben sich die Länder der Welt zum ersten Mal gemeinsame Entwicklungsziele gesetzt und dann gemeinsam an deren Umsetzung gearbeitet. Die acht Ziele gelten bis 2015. Doch bereits heute gelten die MDGs als grosser Erfolg (siehe Tabelle). Viele der Ziele konnten bereits erreicht werden. Dies gilt etwa für Ziel 1, den Anteil der Menschen zu halbieren, die mit weniger als 1,25 Dollar pro Tag auskommen müssen. 1990 lebten noch rund die Hälfte der Menschen in den Entwicklungsländern in extremer Armut. Im Jahr 2010 war dieser Anteil auf gut ein Fünftel gesunken. Grosse Erfolge konnten zudem beim Kampf gegen Aids, Tuberkulose und Malaria oder bei der Schulbildung erzielt werden. Seit 1990 erhielten zudem 2,3 Milliarden Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser.
Aufbauend auf diesen Erfolgen will sich die Welt nun neue Ziele setzen, die dann für die Periode 2016 bis 2030 gelten. Diese Ziele heissen Sustainable Development Goals (SDGs) oder auf deutsch Nachhaltige Entwicklungsziele. Nun sind die Vorbereitungen für diese Ziele abgeschlossen. Dabei haben sich die Länder auf insgesamt 17 Ziele und 169 Unterziele geeinigt. Auf Platz 1 steht wieder der Kampf gegen extreme Armut. Doch diesmal wollen die Länder den Anteil der Menschen mit weniger als 1,25 Dollar pro Tag nicht erneut halbieren, sondern komplett eliminieren. Das Gleiche gilt für den Hunger in der Welt, der bis 2030 abgeschafft werden soll. Und auch die Ziele zu Gesundheit sind anspruchsvoll. Hier setzen sich die Länder zum Ziel, dass alle Menschen eine Krankenversicherung oder Zugang zu kostenlosen Gesundheitsdiensten erhalten. Und bei der Bildung ist das Ziel nicht mehr nur Primarschulbildung für alle Kinder sondern auch Sekundarschulbildung. Ausserdem sollen alle Menschen der Welt Zugang zu sauberem Wasser, Toiletten, Energie und dem Internet erhalten.
Am meisten Streit gab es bei Ziel 5.6: Die Länder sollen sicherstellen, dass alle Frauen und Mädchen „Zugang zu Sexual- und Fortpflanzungsmedizin und Fortpflanzungsrechten“ erhalten. Dieses Ziel wurde von vielen islamischen Länder kritisiert etwa dem Iran: ein Land könne nicht dazu verpflichtet werden , über die Einhaltung von sexuellen Rechten zu berichten, wenn es dieses Konzept nicht anerkennt. Umgekehrt war vielen europäischen und südamerikanischen Ländern die Formulierung von Ziel 5.6 zu schwammig. Liechtenstein etwa reklamierte das Ziel sei „kein Schritt nach vorne“ sondern eher zurück. Uneinigkeit herrschte auch bei der Erwähnung von Rechtsstaatlichkeit (Rule of Law) im Ziel 16.3. Viele Länder wollten diesen Hinweis komplett streichen. Doch eine Gruppe von 58 demokratischen Ländern mit dem Namen „Freunde der Rechtsstaatlichkeit“ konnten die Rule of Law schliesslich in die endgültige Fassung hinüberretten. Trotzdem monierten viele Industriestaaten im Abschlussplenum, dass das Ziel zu schwach formuliert ist.
Umstritten war zudem Ziel 13 zum Klimawandel. Viele Länder bezweifeln, dass dazu ein eigenes Oberziel erfoderlich ist, insbesondere da bis 2015 ein neuer Weltklimavertrag ausgehandelt werden soll. Ziel 13 ist denn auch das einzige Ziel mit einer Fussnote, die klarstellt, dass die UN-Klimaverhandlungen der zentrale Ort für alle Klimafragen sind. Das Klimaziel und seine Unterziele sind daher weitgehend inhaltsleer. Die Länder konnten sich noch nicht mal darauf einigen, auf wieviel Grad die Klimaerwärmung begrenzt werden soll. Trotzdem blieb Ziel 13 erhalten, im Gegensatz zu einigen anderen Anliegen, die keine Erwähnung fanden: Insbesondere arabische Staaten wollten mit Blick auf Israel „illegal besetzte Gebiete“ in einem der Ziele unterbringen. Dies ist ihnen aber nicht gelungen. Wohl aus aktuellem Anlass, setzte sich zudem Russland dafür ein „unilaterale Wirtschaftssanktionen“ zu verbieten. Aber auch dieses Anliegen fand nicht genug Unterstützung.
Streit gab es auch beim Geld. Mehr als ein Drittel der 169 Unterziele beschäftigt sich mit den ‚Mitteln zur Umsetzung‘. Ausserdem ist Oberziel 17 diesem Thema gewidmet. Hier steht unter anderem, dass die Industriestaaten 0,7 Prozent ihres BIPs in Entwicklungshilfe investieren sollen. Diese Forderung der Entwicklungsländer ist alt, aber nur wenige Industriestaaten wie Schweden oder Grossbrittanien erreichen diese Marke. Trotzdem stieg die offizielle Entwicklungshilfe im Jahr 2013 auf ein Allzeithoch von 135 Milliarden Dollar. Dies entspricht allerdings weniger als einem halben Prozent der für die Umsetzung der SDGs erfordelichen Investitionen. Die UN Handels- und Entwicklungsorganisation Unctad schätzt, dass für die Erreichung der SDGs Investitionen von 3300 bis 4500 Milliarden Dollar allein in den Entwicklungsländern erforderlich sind.
Der nun verabschiedete Vorschlag für die Entwicklungsziele wird als nächstes an der UN Generalversammlung im September diskutiert, die dann entscheidet wie die Ziele weiter verhandelt werden. Denn noch ist Zeit. Die SDGs sollen erst im September nächsten Jahres endgültig beschlossen werden. Bis dann wird man versuchen die Zahl von 17 Zielen zu reduzieren. Ausserdem müssen die Ziele noch „knackiger“ formuliert werden. So beklagte Japan, die Ziele seien schwer zu kommunizieren und passten nicht in einen Tweet. Diese Kurznachrichten haben maximal 140 Zeichen – eine Begrenzung, die noch nicht mal für den Titel einiger Ziele reicht.
Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Dann abonnieren Sie doch weltinnenpolitik.net per RSS