Hilfe für Haiyan Opfer läuft langsam an

Der stärkste Taifun der Geschichte macht Hilfsoperation der Superlative erforderlich

Mit dem Eintreffen eines US-Flugzeugträgers in den Philippinen hat sich die Zahl der Helikopter im Krisengebiet verdreifacht. Trotzdem bleibt der Mangel an Transportkapazitäten der Schwachpunkt der Hilfsoperation. Dabei droht jetzt die Ausbreitung von Seuchen wegen verschmutzten Wassers und 2,5 Millionen Menschen sind auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen.

Die einen zählen und beerdigen die Toten, die anderen kümmern sich um die Überlebenden. Eine Woche nachdem Supertaifun Haiyan einen Teil des philippinischen Inselreichs verwüstet hat, laufen langsam die Rettungsmassnahmen an. Dabei sprengen die Zerstörungen durch den Wirbelsturm die Vorstellungskraft. Mit Windgeschwindigkeiten von 315 Stundenkilometern war Haiyan der stärkste Sturm, der je auf Land getroffen ist. Die schwersten Schäden entstanden durch die fünf bis sechs Meter hohe Flutwelle, die Haiyan vor sich her getrieben hat. In der relativ tief gelegenen Stadt Tacloban wälzten sich die Wassermassen bis zu einem Kilometer ins Landesinnere. „Wir sahen die Welle kommen und gingen ins Haus. Dann explodierte die Wand.“ beschreibt ein Überlebender die Wirkung der Welle. Insgesamt sind 11 Millionen Menschen betroffen. Davon benötigen 2,5 Millionen Hilfe insbesondere Nahrungsmittel, sauberes Wasser und medizinische Versorgung. Am Freitag Morgen stand die Zahl der Todesopfer bei 4460 und gemäss Angaben des Roten Kreuzes werden rund 22 000 Menschen vermisst.

Doch nun läuft die Hilfe an: Mit dem Eintreffen des US-Flugzeugträgers USS George Washington sowie zwei Zerstörern am vergangenen Donnerstag hat sich die Zahl der Helikopter im Krisengebiet verdreifacht. Zudem scheint es der philippinischen Armee mittlerweile gelungen zu sein, Plünderungen weitgehend zu unterbinden und ein einigermassen sicheres Umfeld für einheimische und internationale Helfer zu schaffen. Ausserdem kann der Flughafen von Tacloban zumindest von Militärflugzeugen wieder angeflogen werden. Auch haben die lokalen Behörden damit begonnen, die Toten einzusammeln, zu identifizieren und in Massengräbern zu beerdigen. Noch immer funktioniert aber das Handynetz nicht und es gibt keinen Strom. Weiter erschwert werden die Rettungsmassnahmen zudem durch unterbrochene Strassenverbindungen und einen Mangel an Treibstoff. Dabei treten die Hilfsmassnahmen jetzt in eine kritische Phase, wenn weitere Opfer durch den Ausbruch von Seuchen vermieden werden sollen. Durch das Ausbleiben von sichtbarer Hilfe verbreite sich unter den Überlebenden zudem ein Gefühl von Panik, wie Korrespondenten vor Ort berichten. Ein philippinischer Journalist, der eine private Hilfsmission gestartet hatte, berichtet, manche Menschen in Tacloban sähen aus wie Zombies, orientierungs- und emotionslos. Ausserdem hätten selbst Hilfskräfte oft seit Tagen nichts mehr gegessen. [1]

Den Krisenstäben der Welt ist ist daher bewusst, dass der stärkste je beobachtete Taifun auch eine Hilfsoperation der Superlative erforderlich macht. Die UNO hat einen Hilfsappell über 300 Millionen Dollar lanciert und die US Armee verspricht Hilfe in einer „noch nie dagewesenen Grössenordnung“. In den nächsten Tagen werden daher weitere US-Kriegsschiffe sowie ein britischer Flugzeugträger in den Philippinen eintreffen. Ausserdem schickt Japan 1000 Truppen. Deutschland hat derweil sein Soforthilfebudget auf 4,5 Millionen Euro augestockt und auch Hilfe beim Wiederaufbau versprochen. Für Irritationen sorgt derweil das Hilfsversprechen Chinas. Zunächst hatte das chinesische Rote Kreuz zusammen mit der Regierung 200 000 US-Dollar zugesagt. Nun wurde die chinesische Hilfe auf 1,8 Millionen aufgestockt. Trotzdem bleibt die Hilfe der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt für ein Nachbarland noch unter der Spende der Möbelhauskette Ikea. Der zugesagte Betrag „spiegelt den politischen Stillstand, ja die offene Feindschaft zwischen den beiden Ländern wieder“ sagt Zhu Feng, Experte für internationale Beziehungen an der Universität Peking. [2] Grund dafür sind die Gebietsansprüche, die China im südchinesischen Meer erhebt. „China hat eine ausgezeichnete Gelegenheit verpasst, guten Willen zu demonstrieren.“ sagt Zheng Yongnian, Chinaexperte an der Nationalen Universität von Singapur. Obwohl chinesische Politikwissenschaftler immer wieder auf die Bedeutung von „soft power“ hinwiesen, habe die chinesische Regierung dies immer noch nicht begriffen. Stattdessen verlasse sich Peking immer noch auf herkömmliche Machtpolitik. „Die glauben immer noch, sie könnten ihren Willen durch Zwang durchsetzen.“ [2] mic

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[1] Ramon Tulfo, 15.11.2013: Tulfo: I saw people walking aimlessly like zombies

[2] The Guardian, 14.11.2013: Typhoon Haiyan: China gives less aid to Philippines than Ikea