Soll man CO2 besteuern oder handeln?

Während der Emissionshandel einen zweiten Frühling erlebt, wird in den USA eine CO2 Steuer diskutiert

Südkorea, China, Kalifornien und Québec wollen ein Emissionshandelssystem nach europäischem Vorbild einführen. In den USA gilt diese Idee als „verbrannt“. Dort diskutiert man dafür wieder die Einführung einer CO2 Steuer.

Ökonomen sind sich selten einig, doch beim Klimawandel herrscht Konsens: Es handelt sich um einen Fall von Marktversagen. Da die Nutzung der Atmosphäre als Endlager für CO2 Emissionen kostenlos ist, wird zuviel CO2 emittiert. Die Lösung: CO2 Emissionen müssen mit einem Preis belegt werden. Und damit endet der Konsens, denn es gibt zwei Methoden CO2 Emissionen mit einem Preis zu versehen. Entweder man erhebt eine CO2 Steuer, etwa 20 Euro pro Tonne. In diesem Fall ist der Preis fix und die Menge an CO2 Emissionen variabel. Oder man legt eine Obergrenze für CO2 Emissionen fest, etwa eine Milliarde Tonnen, und versteigert dann Verschmutzungsrechte, die an einer Börse gehandelt werden können. In diesem Fall ist die Menge fix und der Preis variabel.

Das Kyoto Protokoll und das europäische Emissionshandelssystem folgen dem Marktmodell. Dies hat einen historischen Grund: Der Emissionshandel wurde in den USA erfunden. Um den Sauren Regen zu bekämpfen, hat die US Regierung einen Emissionshandel für Schwefeldioxid, kurz SO2, eingeführt. Damit konnten die SO2 Emissionen seit 1990 um mehr als die Hälfte reduziert werden. Bei den Verhandlungen über das Kyoto Protokoll wollten die Länder den USA entgegenkommen und haben daher ein Handelssystem für CO2 etabliert. Damit war die Diskussion „Steuer oder Markt?“ fürs erste beendet, obwohl die USA das Kyoto Protokoll schliesslich doch nicht ratifiziert haben.

Doch nun könnte die Diskussion wieder aufleben. Im Jahr 2010 hat die Obama Administration versucht in den USA ein Handelssystem für Treibhausgase einzuführen und ist damit gescheitert. Seither gilt die Idee im politischen System der USA als „verbrannt“. Anders die CO2 Steuer. Vor dem Hintergrund des US Budget Defizits von über 1,3 Billionen Dollar (eine Zahl mit zwölf Nullen) denken nun sogar Vertreter der Republikanischen Partei über eine CO2 Steuer nach. So hat der konservative Think Tank American Enterprise Institute AEI am Dienstag eine Veranstaltung zur CO2 Steuer organisert. [1] Und das ehemalige Mitglied des Repräsentantenhauses Bob Inglis sagt: „Wir besteuern Einkommen, Arbeit und Industrie, aber die versteckten Kosten, die mit der Verbrennung von fossilen Energien einher gehen, besteuern wir nicht. Ich glaube, dass die Vorkämpfer für den freien Markt, was wir Republikaner meist sind, hier Lösungen präsentieren werden.“ [2] Trotzdem ist nicht mit der baldigen Einführung einer solchen Steuer zu rechnen, meint AEI: „Die Vor- und Nachteile einer CO2 Steuer sind das Thema angeregter Diskussionen, doch diese Diskussion ist noch weitgehend auf Wissenschaftler beschränkt.“ [1]

Gleichzeitig macht das Marktmodell Fortschritte in der Praxis. Lange Zeit war die EU mit ihrem Emissionshandelssystem allein. Doch in den nächsten drei Jahren werden derartige Handelssysteme in Südkorea, China, Kalifornien und Québec eingeführt. Und viele Länder Südostasiens bereiten sich mit Hilfe der Weltbank auf die Einführung von freiwilligen Emissionshandelsystemen vor, etwa Indonesien, Thailand und Vietnam. „Die Länder Asiens haben erkannt, dass der Emissionshandel die billigste Methode ist, um ihre Emissionen in den Griff zu bekommen.“ sagt Dirk Forrister, der Chef des Internationalen Emissionshandelsverbandes IETA. Ausserdem haben die EU und Australien angekündigt, ihre Handelssystem ab dem Jahr 2015 zu verknüpfen. „Langfristig könnte damit der Grundstein für ein weltumspannendes Handelssystem gelegt werden“ sagt Forrister. Kurzfristig muss aber die EU ihr Handelssystem reformieren, das den anderen Ländern als Vorbild dient. Die EU hat zuviele Verschmutzungsrechte ausgegeben und daher ist der CO2 Preis zu niedrig: Bei einem Preis von 8,45 Euro pro Tonne CO2 ist der Anreiz in klimafreundliche Technologien zu investieren gering. Das wäre bei einer Steuer nicht passiert. Denn dort ist der Preis fix. Die Diskussion geht also weiter. mic

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[1] siehe http://www.aei.org/events/2012/11/13/understanding-the-economics-of-carbon-taxes/

[2] The Hill, 23.07.2012: GOP ex-lawmaker: Facts will ‘overwhelm’ GOP opposition to climate change