Für Gastgeber Katar ist Klimaschutz ein Geschäft

Als Entwicklungsland hat Katar keine Emissionsziele und lässt sich Emissionsreduktionen von den Industriestaaten finanzieren

Es kommt selten vor, dass man den Fünfer und das Brötchen haben kann: Doch Katar ist in dieser beneidenswerten Situation. Der Wüstenstaat hat nicht nur das höchste Pro-Kopf-Einkommen der Welt, sondern gilt auch als Entwicklungsland und kann sich so Klimaschutzmassnahmen von den Industriestaaten finanzieren lassen.

Das Erstaunen war gross als Katar zum Gastgeber der 18. UN Klimaverhandlungen auserkoren wurde. Das Land ist der grösste Gasexporteur der Welt und hat von allen Ländern die höchsten CO2 Emissionen pro Kopf: 44 Tonnen pro Einwohner und damit viermal mehr als ein Deutscher und siebenmal mehr als ein Schweizer. Mit der Wahl des Wüstenstaats als Gastgeber für die Klimakonferenz verband sich daher die Hoffnung, dass Katar und andere Emirate mehr gegen den Klimawandel unternehmen. Denn aus Sicht des UN-Klimaverhandlungen ist Katar immer noch ein Entwicklungsland und hat damit keine verbindlichen Emissionsverpflichtungen. Die Tatsache, dass Katar auch über das höchste Pro-Kopf-Einkommen der Welt verfügt, tut dabei seinem Status als Entwicklungsland keinen Abbruch.

Doch diese Pro-Kopf-Zahlen hört der katarische Aussenminister Abdullah Bin Hamad Al-Attiyah nicht gern: “Wir sollten uns nicht, um die Pro-Kopf-Emissionen kümmern. Es kommt auf die absolute Menge an.  Man darf nicht auf die Kleinen eindreschen und die Grossen davonkommen lassen.” Oder anders gesagt: Solange Katar mit seinen 1,7 Millionen Einwohnern weniger CO2 produziert als China, die USA oder Indien, besteht für Al-Attiyah kein Anlass zur Beunruhigung. Folglich hat Katar bislang auch noch keinen Nationalen Aktionsplan für den Klimaschutz ausgearbeitet, wie viele andere Entwicklungsländer. Wael Maidan der Präsident des Climate Action Networks, einer Umweltorganisation, ist denn auch enttäuscht: “Katar hat nicht bewiesen, dass es den Klimawandel ernst nimmt.”

Derweil sieht Al-Attiyah Katars Gasindustrie als Lösung des Klimaproblems: “Gas ist die richtige Wahl, um CO2 Emissionen zu reduzieren.” Ausserdem ist Katar gerne bereit seine Emissionen zu reduzieren, vorausgesetzt jemand anderes bezahlt dafür. Stolz verweist Al-Attiya auf eines der grössten CDM-Projekte der Welt. Bei diesen Projekten finanzieren Industriestaaten Emissionsreduktionen in Entwicklungsländern. Im Falle Katars wurde das Abfackeln von Erdgas auf einem Ölfeld vermieden, indem man es einfängt und anschliessend verkauft. Für diese selbstlose Klimaschutzmassnahme erhält Katar rund 128 Millionen Dollar aus den Industriestaaten. [1] Neben dem Gasexport ist so auch der Klimaschutz ein lohnendes Geschäft.

Aus Sicht der Klimaverhandlungen ist diese Einstellung bedenklich, denn Al-Attiyah ist kein unwichtiger Mann: Er leitet die diesjährige Weltklimakonferenz. Und hier ist bereits am ersten Tag eine Allianz aus China, Indien, den linken Ländern Südamerikas wie Venezuela, Bolivien und Kuba sowie den Ölexporteuren prominent aufgetreten. Diese Länder betonen die Unterscheidung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern wie sie im Jahr 1992 in der UN Klimakonvention festgeschrieben wurde. Denn Klimaschutz ist bislang nur für Industrieländer verpflichtend. Darüberhinaus wollen die OPEC Staaten in dieser Allianz für allfällige Verluste entschädigt werden, sollte die Nachfrage nach ihren Produkten sinken. Wenn die Welt also weniger Öl und Gas verbraucht, um das Klima zu schützen, erwarten Saudi Arabien, Kuwait sowie Iran und Irak Schadensersatz, schliesslich müssen sie sich noch entwickeln. Und das ist ja so lukrativ wie das Beispiel Katars zeigt. mic

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[1] Council on Foreign Relations, 01.12.2011: How to Waste Money Fighting Climate Change (siehe http://blogs.cfr.org/levi/2011/12/01/a-cautionary-lesson-from-the-host-of-the-next-climate-talks/)