Auch in Mexiko wird wohl kein Weltklimavertrag verabschiedet werden
Eigentlich hat die Menschheit viel Erfahrung mit Gemeingütern. In den meisten Kulturen gibt es Allmenden deren Nutzung geregelt ist. Doch eine Regel für die Nutzung der ultimativen Allmend, der Erdatmosphäre, erscheint zunehmend fraglich.
Die dünne Lufthülle um die Erde gehört allen Menschen gleichermassen. Sie ist ein Gemeingut, eine Allmend, wie eine gemeinschaftlich genutzte Alpweide. Wie bei der Alpweide braucht es Regeln, um eine Übernutzung zu vermeiden. Und so hat die Weltgemeinschaft beim Erdgipfel in Rio de Janeiro anno 1992 beschlossen, solche Regeln auszuarbeiten. Ein Weltklimavertrag sollte regeln, wer wieviel CO2 produzieren darf und wie ärmeren Ländern geholfen werden soll, sich an den Klimawandel anzupassen. Ein erster Erfolg wurde dann in Kyoto erzielt, wo sich die meisten Industriestaaten auf einen Klimavertrag einigen konnten. Und die Klimakonferenz in Kopenhagen sollte dann der krönende Abschluss dieses Unterfangens sein: Hier sollten nicht nur die USA sondern auch die grossen Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien in die Bemühungen, die Allmend zu schützen, miteinbezogen werden. Doch dieser Versuch ist gescheitert. Und nun hofft die Klimagemeinde auf die Klimakonferenz Ende Jahr in Mexiko. Doch die Chancen auf eine Einigung stehen schlechter denn je:
- Grundlage für gemeinschaftliches Handeln gegen die Übernutzung einer Allmend ist die Erkenntnis, dass diese zum Schaden aller übernutzt wird. Während bei einer Alpweide sich die Bauern durch eine gemeinsame Ortsbegehung von der Übernutzung überzeugen können, beruht die Klimapolitik auf den Berichten des IPCC. Doch deren Autorität ist erschüttert, denn die Berichte haben sich als fehlerhaft erwiesen. Insbesondere in den USA gelingt es daher den Klimaskeptikern zunehmend die öffentliche Diskussion zu dominieren und die Kernaussage der IPCC Berichte, nämlich dass die CO2 Emissionen der Menschheit für den Klimawandel verantwortlich sind, gerät in den Hintergrund.
- Regeln für die Nutzung einer Allmend erfordern einen Konsens unter den Nutzern. Um einen solchen Konsens zu erzielen müssen die Regeln als gerecht wahrgenommen werden. Aus diesem Grund beruhen die Klimaverhandlungen auf der Überlegung, dass die reichen Staaten, die bislang übermässig von der Möglichkeit profitiert haben, die Atmosphäre als kostenloses Endlager für ihre Emissionen zu nutzen, den ärmeren Ländern helfen. So wurde in Kopenhagen vereinbart, dass die Industriestaaten ab 2020 den Entwicklungsländern jährlich 100 Milliarden Dollar für Klimaschutzmassnahmen zur Verfügung stellen. Aufgrund der verheerenden Haushaltslage in den westlichen Ländern dürfte sich dieses Versprechen aber als so leer wie die Staatskassen erweisen.
- Den Hauptnutzniessern der Allmend, den Bauern mit den meisten Kühen, kommt eine besondere Verantwortung zu. Denn sie und nicht die Kleinbauern mit ein oder zwei Kühen sind letztlich für die Übernutzung verantwortlich. Doch die beiden Hauptakteure in der Klimapolitik scheinen nicht in der Lage zu sein, einer gemeinsamen Regelung der Allmendnutzung zuzustimmen. Ein internationaler Vertrag muss von 67 der 100 US-Senatoren abgesegnet werden, dabei hat die amerikanische Regierung schon Mühe 60 Stimmen für ihr Klimagesetz zu organisieren. Und China verweigert sich jeder Regelung, die es Ausländern erlauben würde, deren Einhaltung auch zu kontrollieren.
Und so steht die Menschheit vor einem gigantischen Experiment mit ungewissem Ausgang: dem Versuch eine Allmend ohne gemeinsame Regeln zu retten. Jeder macht was er für richtig und zumutbar hält und hofft darauf, dass die Summe dieser Einzelmassnahmen ausreichen wird. Dass dies gelingt darf allerdings getrost bezweifelt werden. Nicht nur praktische Erfahrung sondern auch die ökonomische Theorie sprechen dagegen. Und so steht zu befürchten, dass der Fluch der Allmend schliesslich zum Fluch der Menschheit wird. mic
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