Rettet der Shareholder Value das Klima?

US-Börsenaufsicht verlangt, dass Firmen Risiken aus Klimawandel offenlegen

Investoren hassen Risiken, die sie nicht kennen. Indem die US-Börsenaufsicht Firmen nun zwingt ihre Klimarisiken offenzulegen, ermöglicht sie es den Investoren solchen Risiken aus dem Weg zu gehen. Klimaschädliches Geschäftsgebahren führt so zu Kursverlusten und Missmut bei den Aktionären.

Zur Zeit gibt es wenige Lichtblicke in der internationalen Klimapolitik. Den Klimaverhandlungen droht das gleiche Schicksal wie der Doha Runde – jahrelange, ergebnislose Diskussionen. Und auch ob das US-Klimagesetz verabschiedet werden kann ist fraglich, da die Demokraten ihre 60 Sitz Mehrheit im US-Senat verloren haben. Doch nun kommt neue Bewegung ins Spiel. Die US-Börsenaufsicht SEC meldet sich zu Wort.

Der Klimawandel ist nicht nur eine Gefahr für Eisbären, sondern auch ein Risiko für börsenkotierte Unternehmen, hat die SEC am Mittwoch beschlossen. Firmen müssen daher offenlegen, welche Risiken ihnen aus dem Klimawandel erwachsen. Die SEC nennt dabei ausdrücklich folgende Risiken:

  • Physische Auswirkungen des Klimawandels: Die Ölförderanlagen im Golf von Mexiko müssen bei Hurikanen abgeschaltet werden. Nimmt die Stärke oder Häufigkeit diese Stürme zu, entstehen den Ölfirmen zusätzliche Verluste.
  • Auswirkung von Gesetzen und Regulierungen: Kommt das US-Klimagesetz durch, dürfte in Zukunft deutlich weniger Kohle verbrannt werden als heute. Dies trifft Minenunternehmen, Kraftwerkbetreiber aber auch Anlagenbauer.
  • Auswirkungen von internationalen Verträgen: Wird ein wirksamer Schutz der Regenwälder beschlossen betrifft dies die Holzindustrie, Agrokonzerne, Biospritproduzenten etc. Aber auch bestehende Verträge können gefährlich werden: Derzeit versucht Mikronesien gerichtlich die Erneuerung eines tschechischen Kohlekraftwerks zu verhindern (siehe unten).
  • Indirekte Auswirkungen von Entwicklungen in der Geschäftswelt: Während der Klimawandel für die Hersteller von Videokonferenzsystemen ein Konjunkturprogramm ist, riskieren Fluggesellschaften weniger Business Class Tickets zu verkaufen.

Die soeben beschlossene Offenlegungspflicht dürfte somit für rege Betriebsamkeit in den Controlling Abteilungen der börsenkotierten Unternehmen führen. Sie müssen nun systematisch prüfen, welchen Risiken ihr Unternehmen ausgesetzt ist, und diese dann veröffentlichen. Und die Initiatoren der neuen SEC Verordnung sorgen dann dafür, dass sich das Risikoprofil im Aktienkurs niederschlägt. Allein die Investoren die dem „Ceres Investor Network on Climate Change“ angehören haben 8000 Milliarden Dollar unter Management. Wenn ein Stromkonzern da offenlegen muss, dass er bedauerlicherweise gezwungen sein könnte, alle seine Kohlekraftwerke stillzulegen, düfte das durchaus kursrelevant sein. Hinzu kommt, dass die US-Umweltbehörde EPA verlangt, dass Unternehmen ihren Treibhausgasausstoss publizieren, wie CFO.com berichtet. Damit wird die Messung der Emissionen Teil der normalen Buchhaltung und Schritt für Schritt optimiert.

Wenn der Gesetzgeber also nicht in der Lage ist, den CO2 Ausstoss der Wirtschaft zu reduzieren, dann sind es vielleicht die Aktionäre. Denn während Konzerchefs gerne und oft über die Regierung schimpfen, kuschen sie doch stets brav vor ihren Shareholdern. Wer hätte gedacht, dass sich die Shareholder Value Philosophie als derart nachhaltig erweisen würde? mic

Tschechien beugt sich Mikronesien

Der tschechische Stromkonzern CEZ will ein Kohlekraftwerk erneuern. Daraufhin hat Mikronesien ein Grenzüberschreitendes Impact Assessment verlangt, denn der Kohlemeiler heizt den Klimawandel an, was zum Untergang Mikronesiens führen könnte. Nun hat der tschechische Umweltminister der Forderung Mikronesiens stattgegeben. Zum ersten Mal wird das Rechtsmittel des „Transboundary Environmental Impact Assessments“ somit nicht zwischen benachbarten Staaten sondern über eine Distanz von 12 000 Kilometern angewandt. Das Kohlekraftwerk Prunerov könnte so zu einem Präzedenzfall für andere Kohlemeiler werden, denn gemäss einer neuen EU Regelung kann jedes Land der Welt gegen den Bau oder die Erneuerung von Industrieanlagen, die CO2 ausstossen, Beschwerde einlegen. Somit kommt nicht nur Investoren (siehe oben) sondern auch den Gerichten eine zunehmend wichtige Rolle im Kampf gegen den Klimawandel zu. mic

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