Globale Wettbewerbsfähigkeit beginnt im Klassenzimmer

700 Manager diskutieren in Basel,«was die Schweiz voranbringt»

Innovationen entscheiden über den Erfolg von Unternehmen und Ländern. Doch woher kommt die rettende Idee?

«Wir in Europa sind die Gewinner der Globalisierung», freut sich Heinrich von Pierer anlässlich des zweiten Swiss Innovation Forums gestern in Basel. Doch die Stärke Europas ist nicht selbstverständlich. Für den Lohn eines Schweizer Softwareingenieurs bekomme man in China fünf Leute, führt der ehemalige Siemens-Chef aus. «Wir können mit China also nicht über die Kosten konkurrieren und wollen das ja auch nicht.» Folglich müssen europäische Unternehmen sicherstellen, dass sie weiterhin die innovativeren Produkte anzubieten haben. Wettbewerb mit China ist «Wettbewerb um das beste Bildungssystem», stellt von Pierer fest.

Der zweite Faktor, der über die Innovationskraft einer Volkswirtschaft entscheidet, ist Geld. Für von Pierer liegt die Hauptverantwortung für die Finanzierung von Forschung und Entwicklung bei der Wirtschaft. Auch der Staat könne über die Universitäten und die Rahmenbedingungen Einfluss nehmen: Durch eine bessere Verzahnung von Hochschulen und Unternehmen könne ungenutztes Potenzial genutzt werden. Die Rahmenbedingungen, beklagt der deutsche Wirtschaftsführer, würden durch die auch in der Politik verbreitete Technikfeindlichkeit beeinflusst. Sowohl Gentechnik wie auch Atomenergie müssten stärker gefördert werden.

Bildung und Geld mögen aus Sicht eines Beraters von Angela Merkel die ausschlaggebenden Faktoren sein. Für den Unternehmer, der im Wettbewerb bestehen muss, zeigen sie aber noch nicht den Weg zur Entwicklung innovativer Produkte und Dienstleistungen. «Innovation ist eine Geisteshaltung», betonte Stefan Linder, Organisator des Swiss Innovation Forums, in seiner Begrüssung. Exemplarisch für dieses Verständnis steht Mario Moretti Polegato, Erfinder des Schuhs, der «atmet», und CEO von Geox. Seine Idee, Löcher in die Schuhsohle zu machen, um die Belüftung des Fusses zu verbessern, ist auf den ersten Blick unsinnig, schliesslich wollen wir unsere Schuhe ja auch bei nassem Wetter nutzen. Durch die Kombination von Löchern in den Schuhen mit einer wasserdichten Membran sollte er aber einer der reichsten Männer Italiens werden.

Innovation beschränkt sich nicht auf technische Erfindungen. Bang & Olufsen etwa hat nicht die Stereoanlage neu erfunden. Zentral für den Erfolg des Unternehmens ist vielmehr die Erkenntnis, dass Stereoanlagen auch schön sein können, wie CEO Torben Ballegaard Sorensen erklärte. Aber auch Dienstleistungen lassen sich revolutionieren. Noch vor wenigen Jahren hatten nur Militärs und einige Grosskonzerne Zugriff auf hochauflösende Satellitenbilder. Mit Google Earth kann aber nun jeder, kostenlos, seine Nachbarschaft aus der Astronautenperspektive erkunden, sagt Michael Jones, CEO von Google Earth, nicht ohne Stolz. Wie sich damit Geld verdienen lässt, ist aber noch unklar. Google stellt sein Erdmodell kostenlos zur Verfügung und setzt auf die Kreativität von Millionen Nutzern. Diese sollen innovative Nutzungen entwickeln, dank denen Google eines Tages auch Geld verdienen kann.

Dieses Vertrauen in die Innovationskraft der Menschen, gepaart mit Bildung und Geld, wird schliesslich darüber entscheiden, ob Europa auch in Zukunft zu den Gewinnern der Globalisierung gehören wird. Das grosse Interesse am Swiss Innovation Forum ist Anlass zu Optimismus. mic

Aus der Basler Zeitung 18.10.2007