«Korruption wurde gefördert»

Zertifizierung erhöht «ethisches Kapital» von Firmen

Philippe Montigny, Präsident von ETHIC Intelligence, zertifiziert die Bemühungen von Unternehmen im Kampf gegen Korruption und Geldwäsche.

baz: Herr Montigny, warum sind Bodenschätze für viele Länder eher ein Fluch denn ein Segen?

Philippe Montigny: Wenn in einem Land Bodenschätze entdeckt werden, hat die Regierung, also eine Handvoll Leute, ein Monopol. Zudem hat sie grossen Entscheidungsspielraum bei der Wahl des Konzerns, dem sie den Abbau anvertraut. Die Verhandlungen sind oft intransparent. Dies sind die idealen Voraussetzungen für Korruption.

baz: Gibt es keine Gesetze, die Bestechung verbieten?

Philippe Montigny: (Lacht.) Bis vor wenigen Jahren wurde Korruption von den westlichen Staaten gefördert: Wenn ein Unternehmen einen afrikanischen Minister bestochen hatte, konnte es die Bestechungsgelder als «Werbungskosten» bei der Steuer absetzen. Erst 1997 hat sich das geändert. In diesem Jahr wurde die OECD-Konvention gegen Korruption verabschiedet. Mittlerweile gibt es sechs derartige Konventionen auf internationaler Ebene.

baz: Reicht das aus?

Philippe Montigny: Neben Wirtschaft und Politik muss auch die Öffentlichkeit einbezogen werden. Das Problem ist das Misstrauen auf allen Seiten. Firmen trauen Regierungen nicht und Konkurrenten schon gar nicht. Regierungen trauen Firmen nicht und die Öffentlichkeit traut sowieso weder Politik noch Wirtschaft. Hier kommt die ETHIC-Intelligence-Zertifizierung ins Spiel, die wir entwickelt haben. Unternehmen, die es mit dem Kampf gegen Korruption und Geldwäsche ernst meinen, können sich von uns zertifizieren lassen. So wird Misstrauen abgebaut.

baz: Aber schaden sich Unternehmen nicht selbst, wenn sie ihren Handlungsspielraum einschränken und sich zertifizieren lassen?

Philippe Montigny: Darum geht es ja gerade. Korruptionsbekämpfung muss zu einem Vorteil für Unternehmen werden. Es geht also nicht nur um die Vermeidung von strafrechtlichen Sanktionen, sondern auch um den Schutz des Rufs. Die Finanzmärkte verlangen eine Risikoprämie, wenn Unternehmen die Korruptionsbekämpfung vernachlässigen.

baz: Gibt es Beispiele, wo solches Verhalten honoriert wird?

Philippe Montigny: Im FTSE4Good (FTSE for Good) Rating der «Financial Times» und der Londoner Börse wird nicht nur das soziale und ökologische Verhalten von Unternehmen berücksichtigt, sondern auch das Engagement gegen Korruption. Unternehmen haben nicht nur Kapital in Form von Anlagen oder Patenten, sondern auch ethisches Kapital, das es zu mehren gilt.

Aus der Basler Zeitung vom 10.02.2007