McKinsey fordert mehr staatliche Vorschriften

Europa kann seinen Energieverbrauch auf heutigem Niveau stabilisieren

Die Prognosen über die Auswirkungen des Klimawandels werden immer bedrohlicher. Gleichzeitig liegt der Ölpreis deutlich über 100 Dollar. Trotzdem kennt der Energieverbrauch nur eine Richtung – nach oben. Weltweit nimmt der Verbrauch bis 2020 jedes Jahr um 2,2 Prozent zu und auch in Europa das schon heute einen überdurchschnittlichen Energieverbrauch (und Wohlstand) hat, nimmt der Konsum noch jedes Jahr um 1,2 Prozent zu, schätzt die Unternehmensberatung McKinsey in einer Studie. Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum scheinen zwangsläufig mit einem höheren Energieverbrauch einher zu gehen.

Im Fall von Europa ist dies aber nicht nötig: Europa könnte seinen Energieverbrauch bis 2020 auf dem heutigen Niveau stabilisieren – mit bereits bekannten Technologien, die sich auch noch rechnen: Die Investitionen in Energiesparmassnahmen müssen eine Rendite von mindestens 10 Prozent abwerfen, um vor den Augen der McKinseyaner zu bestehen. Das Ziel ist die Produktivität der eingesetzten Energie, also die Anzahl Franken an Bruttoinlandprodukt, die sich aus einem Fass Öl oder einer Tonne Uran herausholen lassen, zu erhöhen. Das Wirtschaftswachstum wird so – auch bei gleichbleibendem Energieverbrauch – nicht gemindert.

Die grössten Einsparpotentiale versprechen energieeffizientere Gebäude, sowohl Wohn- als auch Geschäftsliegenschaften und energieeffizientere Abläufe in der Industrie (siehe Tabelle). Vergleichsweise gering sind die möglichen Einsparungen hingegen im Transportbereich, insbesondere da mit einer weitern Zunahme des Luftverkehrs gerechnet wird. Geografisch hat Europa die grössten Einsparpotentiale im Osten und Süden des Kontinents. Zum einen ist die Energieeffizienz dort heute noch geringer und zum anderen wird dort mehr gebaut. Da Energiesparmassnahmen bei Neubauten günstiger sind als bei Renovationen haben die neuen EU Staaten mehr Möglichkeiten den Energieverbrauch kostengünstig zu reduzieren.

Warum aber wurden diese Massnahmen nicht längst ergriffen, wenn sie sich doch lohnen wie McKinsey behauptet? Ein Problem sind Informationsdefizite. Den Menschen ist nicht bewusst, was sie schlecht isolierte Fenster, herkömmliche Glühbirnen, oder ineffiziente Motoren in der Industrie wirklich kosten. Dazu kommen sogenannte Principal – Agent Probleme: Während Investitionen in Gebäude vom Vermieter getragen werden, profiteren die Mieter von der geringeren Heizkostenrechnung. Und schliesslich hat die Politik noch nicht alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel genutzt.

Denn für die Unternehmensberater sind oftmals staatliche Vorschriften der einfachste und billigste Weg die Energieproduktivität zu verbessern. So können Regierungen Bauvorschriften erlassen, Mindestanforderungen an elektrische Geräte festlegen oder Glühbirnen verbieten. In der EU wird zur Zeit ein Verbot herkömmlicher Birnen per 2012 diskutiert. Dadurch liesse sich der Umstieg auf Energiesparlampen deutlich beschleunigen. Gleichzeitig nimmt der Absatz und somit die Produktion dieser Leuchtkörper zu, wodurch die Kosten fallen.

Überdies verschaffen strenge Vorschriften der europäischen Industrie eine Startvorteil vor ihren Konkurrenten aus Übersee – sei es bei der Produktentwicklung oder der Optimierung von Herstellungsprozessen. Ausserdem erhoffen sich die Autoren der Studie, dass sich andere Europa als Beispiel nehmen: „Europa ist in einer einzigartigen Position um die Rolle eines Katalysators zu übernehmen, der die weltweite Energieproduktivität voranbringt.“ Eine Position, die sich zu Nutzen lohnt. mic

Die ganze Studie findet sich hier: McKinsey Global Institute