Biden gehen beim Klimaschutz die Optionen aus

Mit der Ausrufung eines Klimanotstands bekäme die US-Regierung zusätzliche Vollmachten

Im Herbst finden in den USA Wahlen statt und die Demokraten könnten die Mehrheit in einer oder beiden Kammern des Parlaments verlieren. Daher müsste ein Gesetz für mehr Klimaschutz noch vor den Wahlen verabschiedet werden. Doch das scheint unmöglich.

Die USA haben sich im Rahmen des Paris Abkommen dazu verpflichtet, ihre CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 im Vergleich zum Jahr 2005 zu halbieren. Dieses Ziel werden sie wahrscheinlich verfehlen, wie das US-Forschungsinstitut Rhodium ausgerechnet hat. [1] Mit den aktuellen Gesetzen werden die USA nur auf eine Reduktion von 24 bis 35 Prozent kommen. Und neue Gesetze werden kaum zustande kommen, nachdem Senator Joe Manchin letzte Woche ein Gesetz erneut verhindert hat, mit dem das Ziel wahrscheinlich erreicht worden wäre. Manchin befürchtete angeblich, dass die 300 Milliarden Dollar fürs Klima, zur Inflation beitragen. Dieser Rückschlag kam nur eine Woche nach einem weiteren Rückschlag. Damals hat das Oberste Gericht der USA die Möglichkeiten der Umweltbehörde eingeschränkt, Emissionen zu regulieren.

Notrecht. Wenn Biden einen Notstand ausruft, hat er zusätzliche Möglichkeiten. (Foto: Takver / Wikimedia)
Notrecht. Wenn Biden einen Notstand ausruft, hat er zusätzliche Möglichkeiten. (Foto: Takver / Wikimedia)

Jetzt bleibt der Regierung von US-Präsident Joe Biden nur noch die Option mit verschärften Regulierungen, weitere Emissionssenkungen zu erzielen. Und genau das fordern auch viele Vertreter seiner Partei. Senator Sheldon Whitehouse etwa twitterte an Biden gewandt: „Da die legislativen Klimaoptionen nun ausgeschlossen sind, ist es nun Zeit für den exekutiven Raubtiermodus.” Diese Woche hat Joe Biden dann tatsächlich zwei neue Initiativen angekündigt: Zum einen wies er an, weitere Flächen im Golf von Mexiko für Offshore-Windkraft freizugeben und zum anderen gab er 2,3 Milliarden Dollar frei, um den Hochwasserschutz zu verbessern. [3]

Wichtiger ist aber, was er bei der Pressekonferenz im Hinblick auf die Klimakrise gesagt hat: „Dies ist ein Notstand.“ [3] Damit könnte er angedeutet haben, dass er die Krise tatsächlich zu einem nationalen Notstand erklären wird. Dies wäre nicht ungewöhnlich. Sein Vorgänger Donald Trump hatte etwa im Jahr 2019 die illegale Einwanderung aus Mexiko zu einem solchen Notstand erklärt, um Geld für den Bau einer Mauer an der Grenze frei zu machen. Die US-Umweltorganisation Center for Biological Diversity zeigt in einem Bericht, was eine Notstandserklärung für den Klimaschutz bringen könnte. [4] Biden könnte etwa die Suche nach neuen Öl- und Gasfeldern in den Gewässern der USA stoppen oder die Finanzierung von fossilen Projekten im Ausland. Mit Hilfe des „Defence Production Acts“ könnte er zudem die Industrie anweisen, Produkte wie Solarpaneele oder Elektrofahrzeuge herzustellen.

Mehr Geld könnte er damit ebenfalls freimachen indem er das Beschaffungswesen der US-Regierung von 650 Milliarden Dollar im Jahr besser nutzt, um in den Klimaschutz zu investieren. Und schließlich könnte er die Katastrophenschutzbehörde Fema anweisen, besonders exponierte Gemeinden besser auf die Klimakrise vorzubereiten und beim Wiederaufbau nach Naturkatastrophen systematisch alle Klimaaspekte mitzuberücksichtigen. Eine Gruppe von US-Senatoren schreibt daher in einem offenen Brief an Biden: „Die Ausrufung der Klimakrise zum nationalen Notstand würde Kräfte freisetzen, um mit konkreten Maßnahmen eine bessere Wirtschaft wieder aufzubauen.“ [5] Ob diese Kräfte ausreichen würden, um das US-Klimaziel zu erreichen, ist allerdings unbekannt. Es gar nicht erst zu versuchen, wäre angesichts der zunehmenden Klimaschäden jedoch zumindest fahrlässig.

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[1] Rhodium, 2022: Taking Stock 2022: US Greenhouse Gas Emissions Outlook in an Uncertain World

[2] Sheldon Whitehouse. 20.07.2022: Tweet

[3] Whitehouse, 20.07.2022: Remarks by President Biden on Actions to Tackle the Climate Crisis

[4] Center for Biological Diversity, Februar 2022: The Climate President-s Emergencz Powers – A Legal Guide to Bold Climate Action froom President Biden (PDF)

[5] Jeffrey Merkley et al., 20.07.2022: Offener Brief