Die Mutter des Zwei-Grad-Ziels wird neue UN-Klimachefin

Patricia Espinosa löst Christiana Figueres als Chefin des UN-Klimasekretariats ab

Nachdem die internationale Klimadiplomatie im Jahr 2009 in Kopenhagen auf Grund gelaufen war, musste Patricia Espinosa das Schiff wieder flott machen. Jetzt kehrt sie unter deutlich besseren Vorzeichen in die Klimapolitik zurück: Das Pariser Klimaabkommen sorgt für Rückenwind.

Christiana Figueres, die Noch-Chefin des UN-Klimasekretariats, tritt ab, wenn es am schönsten ist. Bei der Klimakonferenz in Paris im vergangenen Dezember haben die Länder der Welt zum ersten Mal einen Klimavertrag verabschiedet, der sowohl Industrie- als auch Entwicklungsländer zur Begrenzung ihrer Treibhausgasemissionen verpflichtet. Das Abkommen gilt daher als historisch. Nun hat UN-Chef Ban Ki-moon die Nachfolge von Figueres geregelt. Am 6. Juli wird die Mexikanerin Patricia Espinosa Cantellano die Leitung des UN-Klimasekretariats in Bonn übernehmen. Auf die 57-Jährige wartet dort viel Arbeit: Zum einen beinhaltet das Paris Abkommen über 50 offene Punkte, die nun abgearbeitet werden müssen, wie eine Aufstellung des UN-Klimasekretariats zeigt. Zum anderen muss Espinosa die Länder dazu bewegen, sich ehrgeizigere Klimaziele zu setzen, damit das Zwei-Grad-Ziel nicht gerissen wird. Viel Zeit hat sie bei beidem nicht: Derzeit zeichnet sich ab, dass schon dieses Jahr 55 Länder, die 55 Prozent der globalen Emissionen verursachen, das Paris Abkommen ratifizieren werden. Anschliessend tritt der Vertrag in Kraft – Jahre früher als erwartet. Wendel Trio der Chef des Klimanetzwerkes CAN ist zuversichtlich, dass Espinosa der Aufgabe gewachsen ist: „Ihre Fähigkeiten und Erfahrung werden nötig sein, damit die Regierungen ihre Anstrengungen erhöhen und die Ziele des Paris Abkommens erreicht werden können.“

Energie. Im Vorfeld der Klimakonferenz in Cancun im Jahr 2010 traf Patricia Espinosa auch den Chef der Internationalen Agentur für Atomenergie. (Foto: Petr Pavlicek/IAEA)
Energie. Im Vorfeld der Klimakonferenz in Cancun im Jahr 2010 traf Patricia Espinosa auch den Chef der Internationalen Agentur für Atomenergie. (Foto: Petr Pavlicek/IAEA)

Erfahrung hat Espinosa. Im Jahr 2010 wurde sie als damalige Aussenministerin Mexikos die Präsidentin der UN-Klimakonferenz. Im Jahr zuvor hatte die internationale Klimapolitik ihren Tiefpunkt erreicht: Bei der Konferenz in Kopenhagen konnten sich die Länder noch nicht mal auf eine gemeinsame Abschlusserklärung einigen. Als Gastgeberin der Folgekonferenz im mexikanischen Badeort Cancun war es dann an Espinosa, der Klimapolitik eine neue Perspektive zu geben. Dabei zeigte sie Mut zum Risiko: Die Verhandlungen hatten sich festgefressen und es drohte ein erneutes Debakel. In dieser Situation entschied sie einen eigenen Vorschlag zu erarbeiten, der schliesslich auch angenommen wurde. Der damalige Chef der Schweizer Verhandlungsdelegation Staatssekretär Bruno Oberle sagte dazu: „Die Präsidentschaft war herausragend. Espinosa ist mit dem mexikanischen Vorschlag ein extremes Risiko eingegangen. Das war politischer Mut. Sie hat Alles auf eine Karte gesetzt, aber am Schluss ist es gut gegangen.“ Einer der wichtigsten Punkte des Cancun Abkommens war die Festschreibung des Zwei-Grad-Ziels. Dieses war zuvor nur eine Forderung der meisten Klimawissenschaftler. In Cancun haben sich die Länder der Welt dann zum ersten Mal dazu verpflichtet, die Klimaerwärmung tatsächlich auf zwei Grad zu begrenzen. Aus Sicht der Klimadiplomatie ist Espinosa damit die Mutter des Zwei-Grad-Ziels.

Bei ihrer neuen Aufgabe wird Espinosa allerdings ein anspruchsvolleres Ziel anstreben müssen: In Paris haben sich die Länder darauf geeinigt, die Klimaerwärmung auf „deutlich unter zwei Grad“ zu begrenzen. Dazu müssen die globalen Emissionen “so bald wie möglich” ihren Höhepunkt erreichen und in der “zweiten Hälfte des Jahrhunderts” auf Null sinken. Zu Hilfe kommt ihr dabei das Momentum, das die Pariser Konferenz geschaffen hat. Dort haben sich nicht nur Länder sondern auch Städte, Firmen, Investoren und viele internationale Organisationen auf diese Ziele verpflichtet. Durch den rasanten Preisverfall der erneuerbaren Energien sind diese zudem in vielen Ländern mittlerweile günstiger als fossile Energieträger. Helfen dürfte ihr auch, dass sich Espinosa an ihrem neuen Arbeitsort Bonn zu Hause fühlen wird. Espinosa ist auf die deutsche Schule ‚Alexander von Humboldt‘ in Mexiko-Stadt gegangen und spricht deutsch. Ausserdem lebt sie schon in Deutschland: Seit dem Jahr 2013 ist sie die Botschafterin ihres Landes in Berlin. mic

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