Ozonschädigende Substanzen werden durch Klimakiller ersetzt
Das erfolgreichste Abkommen im Kampf gegen den Klimawandel ist nicht das Kyoto sondern das Montreal Protokoll. Das vor 21 Jahren in Kraft getretene Protokoll dient eigentlich dem Schutz der Ozonschicht. Doch viele ozonschädigende Substanzen heizen auch das Klima auf. Durch das Verbot dieser Chemikalien wurden daher die weltweiten Treibhausgasemissionen um den Gegenwert von 200 Milliarden Tonnen CO2 reduziert. Dies entspricht den globalen CO2 Emissionen über fünf Jahre.
Doch nun droht der Kampf gegen das Ozonloch zum Klimakiller zu werden, denn die ozonschädlichen H-FCKWs sollen durch FKWs (Fluorkohlenwasserstoffe) ersetzt werden. Das Problem: Eine Tonne FKWs hat die Klimawirkung von mehr als 10 000 Tonnen CO2. Eine Studie schätzt, dass der vermehrte Einsatz von FKWs in Eisschränken und Klimaanlagen die globalen Treibhausgasemissionen um den Gegenwert von sechs bis neun Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr erhöhen wird. Das ist mehr als die Emissionen der USA. Aus diesem Grund fordern die Schweiz, Europa und Nordamerika sowie die pazifischen Inselstaaten, dass FKWs ebenfalls durch das Montreal Protokoll reguliert. „Das ist das Einfachste, was wir zum Schutz des Klimas im Moment tun können.“ sagt Durwood Zaelke vom Institute for Governance and Sustainable Development, einem US Think Tank.
Doch beim jährlichen Treffen der 196 Mitgliedsstaaten des Montreal Protokolls konnten sich die Delegierten nicht auf die Regulierung von FKWs einigen. Bei der Konferenz in Bangkok in der vergangenen Woche haben China, Indien, Brasilien und Argentinien einen entsprechenden Antrag erneut abgeblockt. Sie argumentieren, dass der Klimaschutz nicht im Rahmen des Montreal Protokolls verhandelt werden sollte. Blaise Horisberger, der Schweizer Vertreter, beim Montreal Protokoll und Leiter der informellen Arbeitsgruppe zu FKWs, nennt zwei Gründe für die Ablehnung durch die grossen Schwellenländer: „Im Gegensatz zum Kyoto Protokoll, das nur die Industriestaaten zu Reduktionen verpflichtet, sind beim Montreal Protokoll alle Länder in der Pflicht. Daher befürchten die Schwellenländer, dass die Regulierung der FKWs im Rahmen des Montreal Protokolls, ihre Position bei den Klimaverhandlungen schwächen könnte.“ Aber Horisberger sieht auch einen praktischen Grund: „Einige Länder bauen gerade eine FKW Produktion auf. Wenn nun die FKWs vom Markt verschwinden, müssen diese Industrieanlagen umstellen oder schliessen.“
Einen dritten, möglichen Grund für die Opposition der Schwellenländer stellt Horisberger hingegen in Frage: den Verdacht, manche Länder wollten die FKW Produktion beibehalten, um sich deren Zerstörung durch den Clean Development Mechanism CDM vergolden zu lassen. Der CDM ermöglicht es Industriestaaten Treibhausgasemissionen statt im eigenen Land in Entwicklungsländern zu reduzieren. Auf diesem Weg hat Europa bereits sechs Milliarden Euro in die Vernichtung von FKWs investiert, bei effektiven Kosten der Vernichtung von 80 Millionen Euro, schätzt die Environmental Investigation Agency EIA, eine Umweltorganistion. „Die Länder, die finanziell davon profitieren sitzen bei den Verhandlungen mit am Tisch, und das sind genau die Länder, die wirksame Massnahmen ablehnen.“ sagt Fionnuala Walravens von der EIA.
Derart scharfe Töne sind bei den eher familiären Treffen des Montreal Protokolls ungewohnt und deuten darauf hin, dass sie von den stark politisierten Klimaverhandlungen „infiziert“ werden, wie das Earth Negotiations Bulletin schreibt. Trotzdem geben sich viele Delegierte optimistisch, dass in den nächsten Jahren auch FKWs mit Hilfe des Montreal Protokolls abgeschafft werden: Ein Grund dafür ist die Autoindustrie, die ein Drittel der weltweiten FKW Produktion abnimmt: Sie setzt neu auf einen Stoff mit dem schönen Namen HFO-1234yf. Dieser ist nur viermal klimaschädlicher als CO2 – eine Petitesse im Vergleich zur Klimawirkung von FKWs. mic
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