EU hofft auf Abschluss der Verhandlungen im Jahr 2011
Die Klimaverhandlungen seien mit einem grossen Dampfer zu vergleichen hat der Leiter der Schweizer Delegation bei den Klimaverhandlungen einmal gesagt. „Einige Passagiere kommen an Bord, andere verlassen das Schiff, aber es steuert konsequent seinem Ziel zu.“ lautete die optimistische Einschätzung von Thomas Kolly vor den Verhandlungen in Kopenhagen. Damals war noch nicht abzusehen, dass die Staats-und Regierungschefs, die sich während der letzten beiden Tage der Kopenhagener Klimakonferenz auf der Brücke tummeln sollten, das Schiff auflaufen lassen würden. Die vielen Kapitäne waren sich nicht einig wohin die Reise gehen sollte. Das Resultat: Eine Übereinkunft, die von den Ländern lediglich zur Kenntnis genommen wurde, da eine Verabschiedung im Konsens nicht möglich war.
Ob das Schiff wieder flott zu machen ist, ist nachwievor unklar. Mittlerweile haben über 100 Länder ihre Klimaschutzmassnahmen an das UN-Klimasekretariat gemeldet. China, Indien und Russland haben bislang aber nicht erkennen lassen, ob sie mit dem „Abkommen von Kopenhagen“ formell assoziiert sein wollen, denn noch immer ist unklar, was dieses eigentlich bedeutet. Die Klimaverhandlungen folgen zwei Strängen: Auf dem einen Strang, wird über die Verpflichtungen der Industrieländer, die dem Kyoto Protokoll angehören verhandelt und auf dem anderen über die Verpflichtungen der USA sowie der Entwicklungs- und Schwellenländer. Die Länder, die mit Kopenhagen assoziiert sind, stellen nun eine dritte Gruppe dar und China, Indien und Russland haben noch nicht entschieden, ob sie dies für eine unterstützendswerte Entwicklung halten.
Die EU und die USA hingegen wollen mit Kopenhagen vorwärts machen. Um ihre Ernsthaftigkeit unter Beweis zu stellen, müssen sie nun die versprochene Anschubfinanzierung für Klimamassnahmen in Dritt-Welt-Ländern organisieren. In den Jahren 2010 bis 2012 sollen diese je 10 Milliarden Dollar für die Anpassung an den Klimawandel und den klimafreundlichen Umbau ihrer Volkswirtschaften erhalten. Dieses Geld könnte ein Mittel sein, um wieder Bewegung und Vertrauen in die Verhandlungen zu bringen, sagen Beobachter.
Aber selbst wenn dies gelingt, rechnen die Beteiligten nicht mit einem schnellen Abschluss der Verhandlungen. Vor Kopenhagen bestand die Hoffnung, dass spätestens im Juni 2010 ein unterschriftsreifer Vertrag vorliegen würde. Dann hiess es bei den Verhandlungen im Dezember in Mexiko würde es so weit sein. Doch daran glaubt selbst der Leiter der Verhandlungen Yvo de Boer nicht mehr: „Der erste Schritt wird sein, sich grundsätzlich auf ein Gerüst zu verständigen – und das könnte in Mexiko erreicht werden. Der nächste Schritt wäre dann, über ein Abkommen zu entscheiden.“ De Boer selbst hat allerdings nicht die „Stamina“, um diesen Prozess noch so lange zu begleiten. Er wechselt am 1. Juli zu einem Beratungsunternehmen.
Die EU scheint derweil seine Einschätzung über den Verhandlungsfortschritt zu teilen und hofft nun im Dezember 2011 in Südafrika zu einem Klimavertrag zu kommen. Bis dahin hofft die neue EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard Einigkeit in die Reihen der EU zu bringen. Ausserdem will die EU Allianzen mit anderen Ländern schmieden, um sicherzustellen, dass sie in Südafrika nicht wieder alleine da steht so wie in Kopenhagen. Doch auch in der EU hat das Klima an Bedeutung verloren. Bei einem informellen Gipfel vor zwei Wochen hätte eigentlich, die EU-Klimastrategie diskutiert werden sollen. Dominiert wurde das Treffen dann aber von der Griechenland-Krise.
Die Passagiere auf dem Klimadampfer verlieren derweil den Glauben an den Sinn des ganzen Unterfangens. In Grossbritannien sehen nur noch 31 Prozent den Klimawandel „definitiv“ als Realität. Vor einem Jahr waren dies noch 44 Prozent, sagen die Meinungsforscher von Ipsos. Mit ein Grund dürften die Fehler im IPCC Bericht sein, wie etwa die Vorhersage, die Himalaya Gletscher würden bis 2035 abschmelzen. Richtiger wäre das Jahr 2350 gewesen. Dieser und ein paar andere Fehler in dem 3000 seitigen Bericht stellen dessen Kernaussage nicht in Frage. Dennoch haben diese Fehler die Glaubwürdigkeit des IPCC beschädigt und ein neues UN-Wissenschaftlergremium soll nun die Arbeitsweise des IPCC unter die Lupe nehmen. Der Klimaforscher und IPCC Autor Andreas Fischlin von der ETH Zürich meint dazu: „Wir sitzen im Speisesaal der Titanic, haben schon nasse Füße und diskutieren über die Zusammensetzung der Speisekarte.“ Schiff ahoi! mic
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