Deutsche Firmen planen 600 Milliarden Kraftwerk in Sahara

Ein Netz aus solarthermischen Kraftwerken soll 15 Prozent des europäischen Stromverbrauchs decken

Die einen haben Sonne und Platz die anderen brauchen Energie. Auf dieser Grundlage soll eine europäisch-nordafrikanische Energieallianz entstehen. Technisch ist das Projekt machbar. Ob es auch finanzierbar und politisch durchsetzbar ist wird sich nun weisen.

Kohle ist dreckig, Kernspaltung potentiell gefährlich und Erdgas kommt aus Russland. Die drei wichtigsten Quellen für Europas Stromversorgung haben alle gravierende Nachteile. Die Sonne hingegen liefert kostenlos und zuverlässig Energie in rauen Mengen. Das Problem ist nur, dass es in Europa zu oft regnet und Platz für grosse Solarkraftwerke ist auch nicht da. In der Sahara ist dies aber genau umgekehrt. Diesen Umstand will sich nun ein Konsortium deutscher Firmen rund um den Rückversicherer Münchner Rück zu Nutze machen. Sie planen ein Projekt der Superlative: Desertec.

Das Investitionsvolumen beträgt 600 Milliarden Franken, mehr als das Bruttoinlansprodukt der Schweiz. Dafür sollen 15 Prozent des europäischen Stromverbrauchs in einem Netz aus solarthermischen Kraftwerken in der Sahara und im nahem Osten erzeugt werden. Die Technik ist simpel: Mit Spiegeln wird Sonnenlicht auf eine Röhre konzentriert in der Öl fliesst. Das Öl erhitzt sich und mit dieser Hitze wird Wasserdampf erzeugt, der dann in herkömmlichen Dampfturbinen zur Stromerzeugung verwandt wird. Damit die Turbinen auch nachts laufen, kann die Hitze in flüssigem Salz zwischengelagert werden. In der amerikanischen Mojave Wüste stehen Kraftwerke die seit über 20 Jahren nach diesem Prinzip funktionieren.

Doch wie kommt der Strom aus der Wüste in die Steckdose? Hier planen die Erfinder des Konzepts im deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt ebenfalls gross: Sie wollen Nordafrika, den Nahem Osten und Europa mit einem Supergrid überziehen. Im Gegensatz zu den bestehenden Netzen setzen sie aber auf Gleich- statt Wechselstrom. So können die Verluste beim Stromtransport über die grossen Distanzen auf 15 Prozent reduziert werden. Sowohl ABB wie auch Siemens haben bestätigt, dass der Aufbau eines solchen Netzes technisch machbar wäre. Ein solches Supergrid hätte zudem den Vorteil, dass es auch für den Transport des schwankungsanfälligen europäischen Windstroms genutzt werden könnte.

Technisch ist das Projekt also machbar. Aber rechnet es sich auch? Die Initiatoren des Projekts, darunter der Club of Rome, sagen Ja: Sie versprechen Strom für 7,5 Rappen pro Kilowattstunde liefern zu können. Doch ob es soweit kommt, hängt nicht zuletzt von der Politik ab. Von den europäischen Politikern wollen die Projektentwickler möglichst langfristige Abnahmegarantien und fixe Preise für ihren Strom. Und die Länder rund um die Wüste müssen politisch stabile Verhältnisse bieten können, sonst hat man die 600 Milliarden in den Sand gesetzt. Aus Sicht der Erfinder von Desertec hat das Projekt denn auch eine geopolitische und nicht nur eine umweltpolitische Komponente. Sie wollen die Energieversorgung in Nordafrika verbessern sowie den beteiligten Ländern regelmässige Exporteinnahmen und Arbeitsplätze verschaffen. Dadurch hoffen sie, in der Herkunftsregion vieler Migranten für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung zu sorgen. Und schliesslich versprechen sie den Wüstenarainern einen Rohstoff, der noch wertvoller ist als Energie: Wasser. Mit der Abwärme aus den solarthermischen Kraftwerken sollen Meerwasserentsalzungsanlagen betrieben werden, um so den zunehmenden Wasserbedarf bei gleichzeitig wegen des Klimawandels zurückgehenden Regenfällen decken zu können.

Der nächste Schritt auf dem Weg zur Umsetzung von Desertec ist da vergleichsweise prosaischer Natur: Am 13. Juli möchte die Münchner Rück ihr Desertec Konsortium aus der Taufe zu heben. Wer dazu gehört ist noch nicht offiziell bekannt. Es soll sich aber um 20 deutsche Konzerne handeln, unter anderem den Anlagenbauer Siemens, die Energieerzeuger RWE und Eon, sowie die Deutsche Bank. Kürzen ab hier: Ausserdem hätten sich Politiker aus Berlin und Brüssel sowie aus den nordafrikanischen Länderrn angemeldet. Insbesondere für die Berliner Politiker ist Desertec wohl einfach auch schnöde Industriepolitik: Mit Desertec könnten sie der deutschen Industrie einen Spitzenplatz in der schnell wachsenden Branche für erneuerbare Energien sichern.  mic

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